Die Pflegeinitiative, die am 28. November 2021 von 61 Prozent der Stimmbevölkerung Zustimmung erhielt, geht in die zweite Etappe der Umsetzung. Nach der Förderung der Ausbildung steht nun die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Fokus.
Die Gewerkschaft Unia hat im Rahmen einer kollektiven Vernehmlassung intensiv mit Pflegenden über den Entwurf des neuen Bundesgesetzes über die Arbeitsbedingungen in der Pflege (BGAP) diskutiert. Die Ergebnisse sind eindeutig: Es braucht dringend Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen sowie eine faire Finanzierung der Pflegeleistungen.
Das vorgeschlagene Gesetz verfolgt zwei zentrale Ziele: die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und die Förderung der Sozialpartnerschaft und von Gesamtarbeitsverträgen (GAV). Unter anderem reduziert der Gesetzesentwurf die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 auf 45 Stunden – ein wichtiger Schritt angesichts der hohen körperlichen und psychischen Belastungen in der Pflege.
Die Unia hat für die Vernehmlassung direkt mit Pflegenden diskutiert und ihre Änderungsvorschläge in die Antwort aufgenommen. Dazu fanden schweizweit 20 Gruppendiskussionen mit insgesamt rund 100 Pflegenden statt. Die Ergebnisse der Diskussionen unter Pflegenden zeigen, dass diese Massnahmen begrüsst werden, jedoch weitergehen müssen.
So fordern die Teilnehmenden, dass Überstunden auch dann mit einem Zuschlag von 25 Prozent kompensiert werden, wenn sie nicht finanziell abgegolten, sondern durch Freizeit ausgeglichen werden.
Ein weiteres wichtiges Anliegen der Pflegenden ist die Planungssicherheit bei Dienstplänen. Der Entwurf sieht vor, dass Dienstpläne künftig mindestens vier Wochen im Voraus erstellt werden müssen. Zudem sollen Pflegende, die ausserhalb ihrer geplanten Schichten einspringen, mit einem Zuschlag von 25 bis 50 Prozent entlohnt werden.
Nebst der Verbesserung der Arbeitsbedingungen sieht der Entwurf vor, dass Arbeitgeber und Gewerkschaften über Gesamtarbeitsverträge verhandeln müssen und schlägt zwei Varianten vor. Die Variante, dass einzelne Bestimmungen des Gesetzes durch Gesamtarbeitsverträge unterschritten werden können, lehnt die Unia vehement ab. Die Bestimmungen des Gesetzes müssen immer als Minimum für alle Pflegenden gelten und mit Gesamtarbeitsverträgen können die Arbeitsbedingungen darüber hinaus verbessert werden.
Weitere Verbesserungen sind notwendig, damit weniger Pflegende den Beruf vorzeitig verlassen. Denn bis zu 45 Prozent der pflegenden verlassen den Beruf heute vor der Pension. Trotz der positiven Ansätze des Gesetzesentwurfs bleibt damit die Situation in der Pflege in zwei zentralen Punkten unzureichend. Erstens fehlt weiterhin eine Regelung für verbindliche Stellenschlüssel, also die Anzahl von Pflegenden pro Patient:in oder Bewohner:in. Diese Massnahme wäre notwendig, um die Arbeitsbelastung zu senken und die Qualität der Pflege zu sichern.
Zweitens bleibt die Finanzierung der Pflegeleistungen ein ungelöstes Problem. Trotz der Forderung der Pflegeinitiative nach einer angemessenen Vergütung von Pflegeleistungen ist die Finanzierung in der Schweiz nach wie vor unzureichend. Dies führt zu finanziellen Engpässen in Spitälern und Pflegeheimen, was wiederum zu Stellenabbau und Arbeitsverdichtung führt.
Die Unia fordert den Bund und Kantone auf, hier endlich aktiv zu werden und die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen – ohne diese Last auf die Prämienzahler:innen abzuwälzen.
Stellungnahme der Unia zur 2. Etappe der Umsetzung Pflegeinitiative