Europäische Betriebsräte (EBR)
Die Europäischen Betriebsräte (EBR) sind die Arbeitnehmervertretungen auf europäischer Ebene. Derzeit sind über 1‘000 EBR in multinationalen Konzernen aktiv und vertreten rund 18 Millionen Beschäftigte. Die EBR sind eine Ergänzung zu den nationalen Arbeitnehmervertretungen, die so konzernweit vernetzt werden.
EBR in der Schweiz
In der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer/innen sind nicht automatisch in den EBR vertreten, weil diese dem EU-Recht unterstehen. In den meisten EBR-Vereinbarungen für multinationale Unternehmen mit Niederlassungen in der Schweiz wurden aber die Schweizer Beschäftigten aufgenommen.
Information, Anhörung und Vernetzung der Arbeitnehmer
Europaweit sind derzeit mehr als 1000 Europäische Betriebsräte (EBR) in multinationalen Konzernen aktiv und vertreten beinahe 18 Millionen Beschäftigte. Die meisten finden sich in der Maschinen-, Metall-, Chemie-, Elektroindustrie, etwas weniger im Tertiär sowie der Bau- und Holzindustrie. Der EBR ist das einzige transnationale Gremium des sozialen Dialogs und die einzige transnationale Körperschaft mit einer gesetzlichen Grundlage (EU-Direktive 2009/34/EG). Der EBR ist das Organ der Unterrichtung und Anhörung in EU-weit operierenden Unternehmungen und dient als Relais zur nationalen Arbeitnehmervertretung. Die EBR ergänzt somit die nationalen Arbeitnehmervertretungen, indem sie so konzernweit vernetzt werden.
Über die EBR haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Recht und die Möglichkeit, frühzeitig über strategische Entscheide der europäischen Unternehmensleitung unterrichtet und angehört zu werden. Gleichzeitig kann in umgekehrter Richtung Auskunft über Entwicklungen und Entscheidabsichten eingefordert werden.
Der Sonderfall Schweiz
In der Schweiz beschäftigte Arbeitnehmer:innen sind nicht automatisch in den EBR vertreten, weil die Schweiz weder in der EU noch im EWR Mitglied ist und die Europäische Direktive zu den EBR nicht Teil der Bilateralen Verträge ist. Deshalb sind die Schweizer Beschäftigten in nur rund einem Drittel der multinationalen Unternehmen mit Niederlassungen in der Schweiz auch im EBR vertreten.
Grundsätzlich werden die EBR über die europäischen Gewerkschaftsföderationen gemäss dem Sektor der multinationalen Unternehmung betreut. Entsprechend der EU-Direktive versuchen die Föderationen, möglichst jeden EBR gewerkschaftlich zu koordinieren und zu betreuen. Als Mitglied aller europäischen Gewerkschaftsföderationen versucht Unia ihre Verantwortung wahrzunehmen und hilft bei der Koordinierung und Betreuung schweizerischer multinationaler Unternehmungen mit.
Die Unia steht derzeit fünf Europäischen Betriebsräten mit schweizerischem Hauptsitz mit gewerkschaftlichem Rat und Betreuung zur Seite.
In der Maschinen- und Metallindustrie koordiniert die Unia die EBR von:
- Oerlikon (Maschinenindsutrie und Oberflächentechnologie)
- Rieter (Maschinenhersteller)
Im chemischpharmazeutischen Sektor koordiniert die Unia die EBR von:
- Lonza (Pharma, Biotech)
- DSM (Vitamine und Nahrungsergänzung)
- Novartis (Pharmaindustrie)
Rechtliche Grundlagen
Die aktuell bindende Richtlinie 2009/34/EG wurde von den Ländern des Europäischen Wirtschaftraums (EWR) verabschiedet und ist seit dem 5. Juni 2009 in Kraft. Sie verpflichtet in mehreren EU-Ländern tätige Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen europäische Betriebsräte einzurichten.
Verfügt ein Unternehmen über insgesamt mehr als 1000 Beschäftigte im EWR, von denen mindestens 150 in zwei verschiedenen Staaten arbeiten, sind die Bedingungen für die Einrichtung eines EBRs gegeben. Dies gilt für alle multinationale Unternehmungen unabhängig vom Hauptsitz und damit auch für die Schweiz. Von den rund 100 schweizerischen Unternehmen, die von Gesetzes wegen einen EBR einrichten müssen, haben tatsächlich rund 50 auch tatsächlich einen installiert.
Für die meisten EBR konnte eine Vereinbarung ausgehandelt werden, welche die Rechte, Abläufe und Ressourcen klären und die Beteiligung der Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelt. Einzig beim Schweizer Bodenbelagsproduzenten Forbo sind die entsprechenden Verhandlungen an der arbeitnehmerfeindlichen Haltung des Managements gescheitert.
Weitere europäische Aktivitäten der Unia
Auf europäischer Ebene ist die Unia den europäischen Branchenverbänden angeschlossen. In deren Auftrag kann Unia auf dieser Ebene durch die Koordination Europäischer Betriebsräte von schweizerischen multinationalen Unternehmungen konkrete Gewerkschaftsarbeit leisten.
Die Unia beteiligt sich zudem auch an den Aktivitäten des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), wobei in den letzten Jahren die folgenden Ausrichtungen im Zentrum standen:
- eine europäische Mindestlohnpolitik
- eine gemeinsame Aktion gegen Lohndumping, um den Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» durchzusetzen
- ein grosser Investitionsplan für Europa
Ein wichtiger Platz kommt auch der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu.