Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU: Die Rechte der Arbeitnehmenden müssen respektiert werden

An ihrer Versammlung vom 7. Dezember 2024 haben die Delegierten der Gewerkschaft Unia ein Manifest verabschiedet. Das Manifest hat die Unia gemeinsam mit aktiven Gewerkschaftsmitgliedern an einer Tagung und in Workshops ausgearbeitet. Der Unia Zentralvorstand hat es finalisiert.

Der Text unterstreicht das Engagement der Unia für die Löhne, die Arbeitsbedingungen und gleiche Rechte für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz. Diese müssen in den aktuellen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union vorrangig berücksichtigt werden müssen.

Gute Löhne und gleiche Rechte unabhängig von unserer Herkunft

Wir stehen ein für ein demokratisches und soziales Europa, in dem wir uns frei bewegen können und das uns gute Arbeitsbedingungen und Löhne schützt. Wir verlangen gleiche Rechte und Freiheiten für alle, unabhängig von unserer Herkunft und unserem Pass.  

Die Öffnung des Binnenmarktes muss von noch griffigeren Flankierenden Massnahmen begleitet sein, welche die Löhne und Arbeitsbedingungen schützen. Wir fordern den Schweizer Bundesrat und die Europäische Kommission auf, dies in ihren Verhandlungen für ein neues Abkommen unbedingt zu respektieren und halten fest: 

Unsere Forderungen an den Schweizer Bundesrat und die Europäische Kommission

Die Schweiz muss weiterhin in der Lage sein, eigenständig wirksame Massnahmen festzulegen, um das Prinzip «gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» durchzusetzen – und zwar für alle Lohnbestandteile, inklusive Spesen.

Es braucht weiterhin den paritätischen Vollzug und genügend wirksame Kontrollen vor Ort. Die bestehenden Präventions- und Sanktionsinstrumente wie Kautionen und Dienstleistungssperren für fehlbare Firmen müssen bleiben.

Die Grundsätze der «Europäischen Säule sozialer Rechte» sollen als Richtschnur für die Zusammenarbeit dienen. Die Schweiz muss entsprechende Verbesserungen in ihre nationale Gesetzgebung übernehmen.

Konkret muss die Schweiz bestehende Lücken schliessen:

  • bei der Einführung und Durchsetzung von würdigen Mindestlöhnen,
  • den Mindeststandards für Arbeitsverträge,
  • der Durchsetzung von Lohngleichheit,
  • der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben,
  • der Förderung der GAV-Abdeckung,
  • den Mitbestimmungsrechten in Unternehmen,
  • beim Kündigungsschutz,
  • bei der Gleichbehandlung atypischer Arbeitsverhältnisse (z.B. Temporärarbeit und Plattformarbeit)
  • sowie bei der Konzernverantwortung.

 

Sie ist der Rahmen, in dem gleiche soziale Rechte und ein solidarisches Miteinander aller Arbeitnehmenden in der Schweiz unabhängig von ihrer Herkunft gelebt werden. Die Schweiz muss die sozialen Rechte der Kolleg:innen aus den EU-Ländern verbessern, die in der Freizügigkeitsrichtlinie (UBRL) verankert sind.  

Wir wollen ein Abkommen, das die Rechte der Arbeitnehmenden in der Schweiz stärkt. Wir sind für einen starken Service public und gegen Liberalisierungen. Ein Abkommen, das den Lohnschutz in der Schweiz schwächt und Arbeitnehmende auf Grund ihrer Herkunft benachteiligt, werden wir entschieden bekämpfen – genauso wie die Versuche fremdenfeindlicher Kräfte, die Personenfreizügigkeit abzuschaffen.

Wir wollen ein Abkommen, das die Rechte der Arbeitnehmenden in der Schweiz stärkt. Wir sind für einen starken Service public und gegen Liberalisierungen. Ein Abkommen, das den Lohnschutz in der Schweiz schwächt und Arbeitnehmende auf Grund ihrer Herkunft benachteiligt, werden wir entschieden bekämpfen – genauso wie die Versuche fremdenfeindlicher Kräfte, die Personenfreizügigkeit abzuschaffen.

Die Hauptforderungen von einigen Unia-Delegierten:

Anhang zum Manifest

Jeder Punkt des Manifests bezieht sich auf eine der konkreten Forderungen, die unten aufgelistet sind. 

Konkrete Forderungen

  • Eigenständige Massnahmen, um das Prinzip «gleicher Lohn am gleichen Ort» durchzusetzen. 
  • «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» für alle Lohnbestandteile, inklusive Spesen. 
  • Paritätischer Vollzug, genügend wirksame und unangemeldete Kontrollen vor Ort.  
  • Die bestehenden Präventions- und Sanktionsinstrumente wie Kautionen, Bussen und Dienstleistungssperren für fehlbare Firmen müssen bleiben. 
  • Um auf neue Dumpingpraktiken antworten zu können, müssen die bestehenden Instrumente mit  
     - zusätzlichen Instrumenten wie der Arbeitseinstellung bei Verdacht auf Dumping 
    - der Bekämpfung der Scheinselbständigkeit bei Kurzaufenthaltern, 
    - einer konsequenten Dumpingbekämpfung im Rahmen des öffentlicher Beschaffungswesens (Vergabekriterien, GAV-Bescheinigungen, Solidarhaftung) und 
    - dem Anschluss an das Binnenmarktinformationssystem IMI 
    ergänzt werden. 

  • Die Senkung der für eine Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen nötigen Quoren. 
  • Die Einführung eines angemessenen gesetzlichen Mindestlohns, der nicht durch kantonale Normen oder durch GAVs unterboten werden kann. 
  • Die Verbesserung des Kündigungsschutzes gemäss ILO-Vorgaben. 
  • Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Kompetenzen, Berufsqualifikationen und Diplomen 
  • Die Erleichterung des Zugangs zur beruflichen Erstausbildung, zu Weiterbildungen und zu Sprachkursen während der Arbeitszeit. 
  • Die Durchsetzung des Prinzips, dass jede Stunde zählt: Arbeitsweg ist Arbeitszeit.  
  • Die Gewährleistung von angemessenen Wohnbedingungen für entsandte Arbeitnehmende. 

  • hinsichtlich der Einführung angemessener Mindestlöhne und der Förderung der GAV-Abdeckung an der «Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union». 
  • hinsichtlich der Durchsetzung von Lohntransparenz, Lohngleichheit und der Gleichstellung im gesamten Berufsfeld (Einstellung, Bezahlung, Beförderung oder Ausbildung) an der «Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen». 
  • hinsichtlich des Schutzes und der Gleichbehandlung von temporär Arbeitnehmenden (Temporärarbeit etc.) an der «Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit». 
  • hinsichtlich des Schutzes der Plattformarbeitenden (Beschäftigungsvermutung, Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit, Datenschutz) am «Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit». 
  • hinsichtlich der Verbesserung der Mindeststandards bei Arbeitsverträgen an der «Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen». 
  • hinsichtlich des Ausbaus der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmenden in ihren Betrieben an der «Richtlinie zur Ergänzung des Statuts der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer», an der «Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats» und der Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts. 
  • hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (Elternurlaub, Vaterschaftsurlaub, Pflegeurlaub) an der «Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige»9. 
  • hinsichtlich der Stärkung der Konzernverantwortung an der «Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit».