Krasser Lohndumping-Fall in Basel: Arbeitnehmende mutmasslich um 738'741 Franken betrogen
Auf der Baustelle der ehemaligen Industrie-Anlage Rohner hat die deutsche Firma KD Pharma über einen holländischen Anbieter zwischen 2020 und 2021 mehrere Subunternehmen für den Rückbau der Anlage beauftragt. Gemäss «Standpunkt der Wirtschaft» haben die rund 90 Arbeiter:innen aus Polen, Lettland und Litauen statt ca. 27 Franken durchschnittlich nur 9 Franken pro Stunde – einzelne gar nur 5 Franken pro Stunde – verdient. Auch die Maximalarbeitszeiten seien massiv überschritten worden. Insgesamt seien die Arbeitnehmenden um 739’000 Franken betrogen worden.
Arbeitsunterbrechung und Bauherrenhaftung
Die Arbeitsmarktkontrolle Basel hatte schon damals aufgrund von Hinweisen auf krasses Lohndumping versucht, eine Unterbrechung der Arbeiten zu erwirken – leider erfolglos. Das zeigt: Es braucht einen gezielten Ausbau der flankierenden Massnahmen. Die Kantone sowie von ihnen beauftragte Kontrollorgane müssen die Möglichkeit haben, in krassen Fällen Arbeitsunterbrechungen anzuordnen. So hätte eine gute Chance bestanden, die Lohnverstösse damals zu bereinigen. Jetzt werden zwar Jahre später die Verfehlungen bestätigt, die fehlbaren Firmen sind aber längst schon über alle Berge und die Durchsetzung der Forderung ist ungewiss. Ebenso braucht es eine Bauherrenhaftung. Auch die Bauherren müssen dafür sorgen, dass die Mindestarbeitsbedingungen eingehalten werden. Die Unia unterstützt die betroffenen Arbeitnehmenden, damit sie zu ihrem Recht gelangen, und setzt sich dafür ein, dass die flankierenden Massnahmen ausgebaut werden.
Kein Abbau bei den flankierenden Massnahmen!
Der krasse Fall von Lohndumping zeigt auch, wie wichtig die bestehenden flankierenden Massnahmen sind. Die EU stellt aktuell zentrale Elemente der flankierenden Massnahmen in Frage – so zum Beispiel die Bezahlung von Schweizer Spesen durch Entsendebetriebe. Diese drohende Verschlechterung der Spesenregelung hätte eine massive Diskriminierung aller entsandten Arbeitnehmenden zur Folge. Sie müssten auf einen erheblichen Teil ihrer heute geltenden Lohnansprüche verzichten. Im Fall Rohner hiesse dies konkret, dass je Arbeitnehmendem Tausende von Franken weniger einforderbar wären – eine Einladung zum Dumping also, auch auf Kosten der in der Schweiz ansässigen Firmen und Arbeitnehmenden, die einen klaren Wettbewerbsnachteil erfahren würden!
Anmerkung der Redaktion: In der am 03.11.2023 verschickten Version der Medienmitteilung wurde fälschlicherweise die Hiag Immobilien Holding AG als Bauherrin bezeichnet. Wir entschuldigen uns für dieses Versehen.