Lohndumping-Skandal Goger: Verschleppungstaktik stoppen – die Politik muss jetzt handeln!
In einer dreiteiligen Serie arbeitet die Online-Zeitung Republik die Machenschaften von Kurt Goger von der Gipserfirma Goger-Swiss AG detailliert auf. Heute ist klar: Die Goger-Swiss AG verantwortet den mit Abstand grössten Lohndumpingfall auf dem Platz Zürich und hat den Markt für Gipserarbeiten in Zürich de facto während Jahren kaputt gemacht.
Unter der Leitung von Kurt Goger ergatterte die Unternehmung ab 2012 zahlreiche Aufträge – notabene auf fast allen grossen Baustellen, wie z.B. Toni Areal, Fifa Museum, Tic Tric Trac etc. Gleichzeitig hat die Goger-Swiss AG ihre Arbeitnehmenden massiv betrogen, mutmasslich um bis zu 10 Millionen Franken. Lohndumping soweit das Auge reicht: Goger hat Mindestlöhne nicht eingehalten, die Arbeitszeiterfassungen manipuliert, den Arbeitern Wuchermieten für lausige Zimmer abgeknöpft, ihre privaten Autos als seine Geschäftswagen ausgegeben. Und weil das alles noch nicht reichte, mussten Gogers Arbeitnehmende laut ihren eigenen Aussagen einen Teil ihres Lohnes bar zurückgeben.
Die Unia hat den Fall bereits 2015 aufgedeckt und alle Verantwortlichen und Behörden informiert. Doch statt sofort einzugreifen und umfassende Untersuchungen einzuleiten, haben verantwortliche Bauherren und Behörden den Fall aktiv ignoriert und auf Zeit gespielt. Mit verheerendem Fazit: 10 Jahre später hat sich Kurt Goger zu Hause in Österreich vor den Schweizer Behörden in Sicherheit gebracht; er hinterlässt eine ausgeblutete, konkurse Firma, unzählige Schuldner – und um je Zehntausende Franken betrogene Arbeitnehmende.
Mehr Lohnschutz und mehr Durchsetzung nötig
Die paritätischen Kommissionen haben zwar zahlreiche Kontrollen durchgeführt, auch Verfehlungen festgestellt und den Betrieb sanktioniert. Den Bussen entzog sich Goger aber durch Konkurs und die Löhne hat er auch nicht nachbezahlt. Der Fall Goger zeigt, wie schamlos Bauherren, Generalunternehmen und die betroffenen Firmen Lücken im aktuellen System ausnützen und weitermachen, als wäre nichts passiert. Die Rechnung bezahlen die Arbeitnehmenden sowie alle Firmen, welche sich an die geltenden Mindestbestimmungen halten.
Die Schweiz braucht deshalb nicht weniger, sondern mehr Lohnschutz. Das wirksamste Instrument in einem solchen Fall wäre, wenn die paritätischen Kommissionen gemeinsam mit den kantonalen Behörden bei offensichtlich gravierendem Lohndumping eine Unterbrechung der Arbeiten anordnen könnten bis die Löhne korrekt bezahlt werden. Der Kanton Genf hat jüngst ein entsprechendes Gesetz im Parlament beschlossen und eingeführt. Ein solches Instrument würde es gesamtschweizerisch brauchen.
Die öffentliche Hand muss zudem dazu verpflichtet werden, vor der Vergabe abzuklären, ob die beauftragten Firmen die Mindestarbeitsbedingungen einhalten. Die Sozialpartner haben gemeinsam das Informationssystem Allianz Bau (ISAB) geschaffen, das für diesen Fall zur Verfügung steht. Leider weigert sich zum Beispiel das eidgenössische Bundesamt für Strassenbau ASTRA, bei ihren Vergaben ISAB zu verwenden und begnügt sich – gesetzeswidrig – mit Selbstdeklarationen von Firmen.
Es braucht insbesondere auch von staatlicher Seite mehr Ressourcen und mehr Biss bei der Ermittlung von Wirtschaftskriminalität und Menschenhandel.