Radikale Forderung gefährdet LMV: Baumeister wollen Lohnverhandlungen abschaffen

Heute wurden die Verhandlungen zum auslaufenden Landesmantelvertrag Bau (LMV) fortgesetzt – weiterhin ohne Einigung. Für eine Lösung sind Massnahmen gegen die Personalkrise zwingend: familienfreundlichere Arbeitszeiten und Kaufkraftsicherung bei den Effektivlöhnen. Stattdessen knüpft der Baumeisterverband einen neuen LMV an eine Forderung, die das Ende eines sozialpartnerschaftlichen Grundprinzips bedeuten würde: die Abschaffung des Vertragsartikels zu Lohnverhandlungen. Dieses Ultimatum ist ein Angriff auf die Kaufkraft der Bauleute und öffnet Tür und Tor für Lohndumping. Ohne Kompromissbereitschaft steuert die Baumeisterspitze auf einen vertragslosen Zustand zu – zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt.

Der Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) regelt die Arbeitsbedingungen der rund 80'000 Bauarbeiter, die bei Hitze, Regen und Kälte die Schweiz bauen. Der Gesamtarbeitsvertrag läuft Ende Jahr aus.

Die hohe Belastung durch überlange Arbeits- und Reisezeiten, die ein normales Familienleben verhindern, sowie der Kaufkraftverlust der letzten Jahre müssen im neuen Vertrag gelöst werden. Nur so lässt sich der akute Fachkräftemangel wirksam bekämpfen. Heute verlässt jeder zweite ausgelernte Maurer die Branche und bis 2040 fehlt ein Drittel der benötigten Fachkräfte.

Auch in der neunten Runde keine Einigung: Baumeister machen die Abschaffung von Lohnverhandlungen zur Bedingung 

Heute fand die neunte Verhandlungsrunde statt. Für viele Streitpunkte konnten mögliche Lösungen entwickelt werden. So auch für die aktuell unbezahlte Reisezeit und für eine Reduktion der Belastung der Bauarbeiter. Ein Vertragsabschluss wird aktuell durch eine radikale Forderung der Baumeisterspitze verhindert. Diese fordert, dass der bestehende Artikel zu regelmässigen Lohnverhandlungen aus dem Vertrag gestrichen werden soll. Gleichzeitig ist der Baumeisterverband auch bei einer Vertragsdauer von fünf oder sechs Jahren nicht bereit, den Kaufkrafterhalt zu sichern. 

Die Forderung der Baumeisterspitze ist ein Angriff auf ein zentrales Grundprinzip des kollektiven Arbeitsrechts in der Schweiz: die sozialpartnerschaftliche Aushandlung der Löhne zum Schutz der Kaufkraft. Es gibt keinen einzigen allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag, der nicht regelmässige Lohnverhandlungen vorsieht. Für die Bauarbeiter und die Gewerkschaften kommt es nicht in Frage, dass der LMV als Leitvertrag auf dem Bau dieses sozialpartnerschaftliche Grundprinzip untergräbt.

Die kürzlich publizierte Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik zeigt zudem: Die Kaufkraft im Bauhauptgewerbe wurde in den letzten zehn Jahren nur dann gesichert, wenn allgemeinverbindliche Lohnerhöhungen auf Branchenebene vereinbart wurden. Ansonsten sind die Reallöhne gesunken!

Ohne Einigung tritt vertragsloser Zustand ein – mit schwerwiegenden Folgen

Am 12. Dezember gehen die Verhandlungen weiter. Zeigt sich die Baumeisterspitze nicht kompromissbereit, wird es keine Lösung geben. In diesem Fall tritt per 1. Januar 2026 automatisch der vertragslose Zustand ein – zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt. 

Die Bauarbeiter werden dies nicht tatenlos zusehen. Nachdem sich rund 15’000 Bauarbeiter zwischen Mitte Oktober und Anfang November 2025 an einer landesweiten Protestwelle beteiligten, droht Anfang 2026 ein nationaler Branchenstreik.

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