Logo Unia-Kongress 2025: Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit

Löhne schützen, nicht Grenzen – Rechte aus- und nicht abbauen

Positionspapier der Gewerkschaft Unia, verabschiedet am Kongress 2025

Weltweit deuten rechte bis rechtsextreme Politiker:innen soziale Krisen in Migrationskrisen um. So auch die SVP mit ihrer «Nachhaltigkeitsinitiative». Getarnt als Programm gegen Umweltzerstörung, volle Züge, Staus und hohe Mieten handelt es sich in Tat und Wahrheit um einen Angriff auf die Arbeitnehmenden. Die Initiative will den Lohnschutz abschaffen und die Rechte aller Arbeitnehmenden angreifen. Sie will uns spalten und greift zugleich uns alle an. Dagegen setzen wir uns entschieden zur Wehr! Wir sagen Nein zum demagogischen Projekt der SVP. Der Lohnschutz muss aus- statt abgebaut werden und für alle gelten. Für unsere Kolleg:innen ohne Schweizer Pass müssen Diskriminierungen abgebaut werden. 

Das sind unsere Positionen:

Wir brauchen einen starken Lohnschutz, der uns vor Dumping schützt: Das Prinzip «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» ist eine historische Errungenschaft, die wir in jeder Hinsicht verteidigen. Wir arbeiten dazu auch mit unseren europäischen Schwestergewerkschaften sowie darüber hinaus mit uns nahestehenden Kräften zusammen und stehen transnational ein gegen die Angriffe der Arbeitgeber sowie von Politiker:innen neoliberaler oder rechtsnationaler Couleur.

Wir durchschauen die SVP-Initiative und lehnen sie entschieden ab: Seit Jahren lanciert die SVP immer neue Angriffe auf den Schweizer Lohnschutz, indem sie zugleich Migrant:innen zu Sündenböcken macht. Die wichtigsten Massnahmen für den Lohnschutz sind Teil der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit mit der EU: Fällt das Personenfreizügigkeitsabkommen, fallen auch diese Massnahmen. Die SVP will zurück zu einem System, in dem die Arbeitsmigration über Kontingente gesteuert wird – wie im vergangenen Jahrhundert, als rechtlose «Saisonniers» alle paar Monate in ihre Heimat zurückreisen mussten, ihren Arbeitgebern ausgeliefert waren und ihre Familien nicht nachziehen durften. Damit würde der Lohndruck in der gesamten Wirtschaft steigen, denn die Arbeitenden verschiedener Herkunft würden gegeneinander ausgespielt. Das kommt nicht in Frage! Wir lehnen die Anti-Lohnschutz-Initiative der SVP entschieden ab.

Die Bilateralen III machen zusätzliche Lohnschutzmassnahmen nötig: Das Verhandlungsabkommen der Schweiz mit der Europäischen Union schwächt den bestehenden Lohnschutz. Darum sind innenpolitische Massnahmen, die diese Rückschritte kompensieren, zwingend. Das von Bund und den Sozialpartnern ausgehandelte Paket ist ein Minimalkonsens, der in die richtige Richtung geht. Er darf in der parlamentarischen Beratung keinesfalls geschwächt werden. Gleichzeitig müssen die Kantons- und Gemeindebehörden ihre Kontrolle der öffentlichen Beschaffungen und der beauftragten Unternehmen verstärken.

Die Rechte von Migrant:innen müssen verbessert werden. Die Personenfreizügigkeit gibt den Schweizer und EU-Bürger:innen unter uns die Freiheit, uns ohne Diskriminierung in Europa zu bewegen und niederzulassen. Sie garantiert grundlegende Rechte, wie die Familienzusammenführung, die freie Wahl des Arbeitsplatzes und das Verbleiberecht nach dem Ende einer Anstellung. Diese Rechte verteidigen wir ohne Wenn und Aber. Damit die Arbeitnehmenden nicht gegeneinander ausgespielt werden können, müssen weitere Diskriminierungen beseitigt werden.
 

Wir fordern:

  • Kurzarbeitsbewilligungen dürfen kein Schlupfloch sein, um Zustände à la Saisonnierstatut aufrecht zu halten. Denn heute erhalten Arbeitnehmende mit befristeten Arbeitsverträgen oft befristete L-Bewilligungen, und das über Jahre hinweg. Diese Praxis muss geändert werden, um prekäre Arbeitsverhältnisse und Ausbeutung zu bekämpfen. Kettenverträge sind zu unterbinden – wie es das Gesetz auch vorsieht. Der unrechtmässigen Praxis in den Kantonen ist ein Riegel zu schieben.
     
  • Auch die G-Ausweise für Grenzgänger:innen dürfen nicht zu Lohndumping führen, indem die Arbeitgeber die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten in der Schweiz und im angrenzenden Ausland ausnützen. Auch hier gilt: Für Arbeit in der Schweiz werden Schweizer Löhne bezahlt.
     
  • Armut ist kein Verbrechen! Der Bezug von Sozialhilfe darf in keinem Fall zu einer Herabstufung der Aufenthaltsbewilligung oder zu einer Ausweisung aus der Schweiz führen.
     
  • Erleichterung der Anerkennung von ausländischen Diplomen: Die Anerkennung von Berufsabschlüssen aus anderen Ländern ist in der Schweiz schwierig und teuer. Das führt dazu, dass Migrant:innen oft als «unqualifiziert» eingestuft werden und Lohndumping begünstigt wird. Der behördliche Anerkennungsprozess muss vereinfacht werden und in GAV müssen die Anerkennung wie auch die entsprechend faire Lohnklasseneinstufung die Norm sein.
     
  • Mehr Rechte auch für Menschen aus Drittstaaten und «Sans-Papiers»: In der Schweiz wohnen tausende Menschen ohne gültige Aufenthaltsbewilligung. Ihre Arbeitskraft wird nachgefragt und oft ausgebeutet. Diese verlogene Situation ist unhaltbar: Wer hier arbeitet, soll das nicht im Versteckten tun müssen, in täglicher Angst vor den Behörden und ohne Rechte. Es braucht einen neuen Anlauf für kollektive Regularisierungen und ein politisches Projekt für eine legale Arbeitsmigration aus Nicht-EU-Staaten, die nicht nur Hochqualifizierte begünstigt. Darüber hinaus müssen Opfer von Menschenhandel effektiv geschützt und entschädigt werden.
     
  • Der Zugang zum Schweizer Pass darf nicht eine Frage des Portemonnaies sein: Der Weg zum Schweizer Pass ist in den letzten Jahren restriktiver und selektiver geworden. Wer viel Geld mitbringt, hat es oft einfacher, aber Menschen, die nur eine Grundbildung haben, wenig verdienen und in prekären Jobs arbeiten, werden benachteiligt. Das muss sich ändern. Wir fordern die Abschaffung der Einbürgerungsgebühren. Wir wollen ein Recht auf Einbürgerung bei dauerhaftem Aufenthalt in der Schweiz und anhand einer Liste objektiver Kriterien, die dem heutige Willkürregime ein Ende setzen. So will es auch die Demokratie-Initiative, die wir unterstützen.