Baumeister blockieren familienfreundliche Arbeitszeiten – zweiter Protesttag der Bauarbeiter folgt am Freitag

Auch die fünfte Verhandlungsrunde zum bald auslaufenden Landesmantelvertrag Bau (LMV) blieb ohne Einigung. Im Gegenteil: Obwohl jeder zweite Maurer die Branche wegen zu langer Arbeitstage verlässt, verweigert der Baumeisterverband weiterhin notwendige Verbesserungen für die Bauarbeiter. Stattdessen sollen sie noch mehr leisten – für weniger Lohn. Nach dem Protesttag im Tessin letzte Woche legen am kommenden Freitag nun auch die Berner Bauarbeiter ihre Arbeit nieder. Protesttage in weiteren Landesteilen folgen in den kommenden Wochen.

Der Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) regelt die Arbeitsbedingungen der rund 80'000 Bauarbeitern, die bei Hitze, Regen und Kälte die Schweiz bauen. Der Gesamtarbeitsvertrag läuft Ende Jahr aus und muss neu verhandelt werden. Ohne Einigung bis Ende Jahr droht zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt ein vertragsloser Zustand auf dem Bau.

Familienfreundliche Arbeitszeiten längst überfällig

Überlange Arbeitstage mit hoher körperlicher Belastung und ausufernden Reisezeiten, die ein normales Familien- und Privatleben zunehmend verunmöglichen: Dieses Problem muss im neuen Vertrag gelöst werden. Das ist auch der Grund, warum heute jeder zweite ausgelernte Maurer die Branche verlässt und gemäss einer Studie des Baumeisterverbands ein Drittel der benötigten Fachkräfte bis 2040 fehlen wird.

Die Bauarbeiter haben klare Forderungen für eine attraktivere Baubranche:

  • Schluss mit unbezahlter Reisezeit zur Baustelle: Reisezeit im Auftrag der Firma gehört zur Arbeitszeit und muss bezahlt werden. Heute gilt die Reisezeit vom Betrieb zur Baustelle entgegen dem Gesetz nicht zur Arbeitszeit und wird erst nach 30 Minuten überhaupt entschädigt.
  • Eine bezahlte Znüni-Pause: In anderen Berufen ist das längst Standard.
  • Kürzere Arbeitstage: Acht Stunden harte Arbeit sind genug.
  • Lohnerhöhung und gesicherter Teuerungsausgleich für die Zukunft: Die Bauarbeiter verdienen eine Sicherung ihrer Kaufkraft.

Baumeister fordern längere Tage für weniger Lohn und Kürzungen für Ausgelernte

Geht es nach dem Baumeisterverband, sollen die Bauarbeiter aber statt Verbesserungen nur mehr Leistungsdruck erhalten – und dies für weniger Lohn.

Konkret: längere Arbeitstage, mehr als doppelt so vielen Überstunden wie heute zu tieferer Entschädigung, weniger Lohn für Samstagsarbeit und langjährige Bauarbeiter über 55 sollen schneller auf die Strasse gestellt werden.

Besonders befremdlich: Trotz akutem Fachkräftemangel und langfristig eingebrochenen Lernendenzahlen, fordert die Baumeisterspitze ausgerechnet für ausgelernte Fachkräfte Lohnkürzungen von bis zu 25 Prozent in den ersten fünf Jahren nach Lehrabschluss. Damit würde eine gelernte Fachkraft weniger verdienen als der Mindestlohn eines Hilfsarbeiters ohne einen Tag Erfahrung auf dem Bau!

Geduld der Bauarbeiter am Ende, landesweite Protestwelle geht weiter

Nachdem die Baumeisterspitze die Verhandlungen zunächst hinausgezögert, danach notwendige Verbesserungen blockiert und mit ihren Forderungen auch noch das Familienleben der Bauarbeiter ins Visier genommen hat, ist die Geduld der Bauleute am Ende.

Nach einer nationalen Streikabstimmung mit klarem Beschluss bei weiterer Verhandlungsverweigerung Streikmassnahmen zu ergreifen, fand letzte Woche ein erster Protesttag statt: Über 2'500 Bauarbeiter im Tessin legten ihre Arbeit nieder. Am kommenden Freitag, 31. Oktober, folgt der nächste Protesttag in Bern.

Weitere Protesttage sind in den darauffolgenden Wochen in anderen Landesteilen geplant: am 3. und 4. November in der ganzen Romandie, am 7. November in der Nordwestschweiz sowie am 14. November in Zürich und anderen Regionen der Deutschschweiz.

Verwandte Links