Öffentliche Beschaffungsaufträge müssen sozial und ökologisch nachhaltig sein

Die SBB vergibt einen Milliarden-Auftrag für Rollmaterial an eine Firma, die keine Produktionsstätten in der Schweiz unterhält. Das wirft Fragen auf. Die Unia verlangt bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Transparenz hinsichtlich sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit.

Die SBB hat entschieden, einen Auftrag über mindestens zwei Milliarden Franken für neue Doppelstockzüge an ein Unternehmen zu vergeben, das keine eigene Rollmaterialproduktion in der Schweiz unterhält. Gleichzeitig bestehen für die Produktion von Rollmaterial und der entsprechenden Vorprodukte in der Schweiz Kapazitäten und Know-how – bei Firmen, die an Schweizer Gesetze und Schweizer Gesamtarbeitsverträge gebunden sind und die hierzulande entlang der ganzen Lieferkette Arbeits- und Ausbildungsplätze anbieten. Angesichts dessen verlangt die Auftragsvergabe ins Ausland nach einer Erklärung.

SBB hat eine Nachhaltigkeits-Verantwortung

Die SBB hat als öffentliches Unternehmen eine Verantwortung bezüglich den Nachhaltigkeits- und Dekarbonisierungszielen und den Arbeitsbedingungen im Rahmen ihrer Aufträge. Die Gewerkschaft Unia hat bei einem Treffen mit der SBB-Führung im September an diese Verantwortung erinnert.

Gesetz sieht auch Förderung des Werkplatzes Schweiz vor

Das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), dem die SBB untersteht, sieht vor, dass die Nachhaltigkeit in Form sozialer, ökologischer und strategischer Kriterien bei der Vergabe von Aufträgen berücksichtigt wird. Der Bundesrat nennt in seiner Botschaft zum BöB explizit «die Berücksichtigung von Unternehmen, die zu einer Stärkung des inländischen Werk- und Ausbildungsplatzes beitragen und wirtschaftliche Innovationen fördern», als Beispiel, wie die Auftragsvergabe «zu einem sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel führen» kann.

Transparenz zu Nachhaltigkeitskriterien gefordert

Die Unia fordert daher die SBB und den Bundesrat auf, öffentlich darzulegen, worin bei diesem grossen Rollmaterial-Auftrag die Unterschiede bei den zentralen und entscheidenden Bewertungskriterien (Produktqualität, Erfahrung, Umweltfreundlichkeit, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplätze in der Schweiz usw.) bestanden haben.

Öffentliches Beschaffungswesen als Steuerinstrument

Der vorliegende Fall zeigt, dass das öffentliche Beschaffungswesen eine wichtige Steuerungs- und Impulsfunktion für die Schweizer Wirtschaft einnehmen kann – wenn denn die richtigen Entscheide gefällt werden. Die Schweizer Industrie kämpft derzeit mit verschiedenen, auch extern verursachten Krisenphänomenen. Bei einer Vergabe des Rollmaterial-Auftrags innerhalb der Schweiz hätten entlang der Wertschöpfungskette mit sehr kurzen Wegen über 170 Schweizer Zulieferbetriebe Arbeit erhalten. Die Unia ist gespannt zu erfahren, welche anderen Kriterien in diesem Fall überwogen haben.