Rechtsgutachten stützt Mindestlöhne in den Städten Zürich, Winterthur und Schaffhausen

Ein neues Rechtsgutachten bringt Klarheit in die Debatte um kommunale Mindestlöhne. Es zeigt: Städtische Mindestlöhne wie in Zürich, Winterthur und Schaffhausen sind rechtlich zulässig und verfassungsrechtlich abgestützt. Es bestätigt die Position, dass Gemeinden das Recht und auch die Aufgabe haben, aus sozialpolitischen Gründen für existenzsichernde Löhne zu sorgen.

Wer Vollzeit arbeitet, soll nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein. Doch in vielen Städten reicht der Lohn nicht zum Leben. Deshalb haben die Gewerkschaften in verschiedenen Städten Mindestlohn-Initiativen lanciert. In Zürich und Winterthur wurden diese 2023 von der Stimmbevölkerung mit einer überwältigen Mehrheit von 70 bzw. 66 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Allerdings blockiert das Zürcher Verwaltungsgericht die Umsetzung seither mit dem Argument, dass die Gemeinden keine Kompetenzen hätten, in privatrechtliche Arbeitsverhältnisse einzugreifen und Mindestlöhne zu erlassen.

Gutachten widerspricht Zürcher Verwaltungsgericht

Ein neues Rechtsgutachten von Prof. Kurt Pärli, Professor für Soziales Privatrecht an der Universität Basel, widerlegt diese Haltung. Es analysiert die kantonalen Rahmenbedingungen und zeigt: Zürich und Winterthur haben Spielraum, um gegen Armut trotz Arbeit vorzugehen und können Mindestlöhne als Teil ihrer sozialpolitischen Verantwortung einführen. Die Realität ist, dass viele Menschen nicht von ihrem Lohn leben können und auf Sozialhilfe angewiesen sind. Sozialpolitische Massnahmen gehören seit jeher zu den Kernaufgaben der Gemeinden. Sie verfügen über eine weitrechende Autonomie und können eigene Massnahmen zur Bekämpfung von Armut ergreifen – beispielsweise mit der Einführung von kommunalen Mindestlöhnen. Entgegen der Argumentation des Verwaltungsgerichts sieht das Sozialhilferecht des Kantons Zürich schon heute vor, dass auch private Arbeitgeber Verantwortung übernehmen müssen.

Die Untersuchung von Prof. Pärli kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt: Nachdem das Zürcher Verwaltungsgericht die Einführung der städtischen Mindestlöhne abgelehnt hat, liegt der Fall beim Bundesgericht. Im Interesse von Tausenden Tieflohnverdienenden erwartet die Unia, dass das Bundesgericht den Entscheid des Verwaltungsgerichts kippt.

Gemeinden können sozialpolitische Mindestlöhne erlassen

Weiter legt das Gutachten dar, dass Gemeinden gemäss Kantonsverfassungen selbst Massnahmen ergreifen dürfen, wenn die Löhne nicht zum Leben reichen. Wie die Kantone können auch die Gemeinden grundsätzlich Mindestlöhne aus sozialpolitischen Gründen einführen. Das Gutachten hält fest: «Die bisherige Diskussion um kantonale und städtische Mindestlöhne zeigt, dass über die Frage der Zulässigkeit von Mindestlöhnen als sozialpolitische Massnahme nicht länger gestritten werden muss. Kantonale und auch kommunale Mindestlöhne sind grundsätzlich zulässig.

In verschiedenen Städten sind Mindestlohn-Initiativen hängig, so zum Beispiel in Schaffhausen. Das Gutachten von Prof. Kurt Pärli zeigt fundiert auf, dass die Stadt Schaffhausen sowohl die Kompetenz, aber auch die Aufgabe hat, aus sozialpolitischen Gründen Mindestlöhne zu erlassen. Zum selben Schluss kommen bestehende Gutachten für die Städte Bern und Biel sowie Luzern. In Luzern wird der Mindestlohn 2026 eingeführt. In Biel und Bern ist der Mindestlohn in der politischen Beratung.

Unia fordert rasche Umsetzung der Volksentscheide

Gesetzliche Mindestlöhne sind ein wirksames Instrument, um Armut trotz Arbeit zu verhindern. Die Unia fordert, dass die Städte ihre Verantwortung wahrnehmen und die Einführung von Mindestlöhnen zügig vorantreiben können – insbesondere dort, wo die Bevölkerung bereits deutlich dafür gestimmt hat.