Die Rückkehr der Teuerung seit mehr als zehn Jahren führt zu einer völlig neuen Ausgangslage. Für 2022 ist eine Jahresteuerung von mehr als 2 Prozent zu erwarten. Generelle Lohnerhöhungen sind in diesem Umfeld unabdingbar, da sonst empfindliche reale Einkommenseinbussen drohen.
Ohne Teuerungsausgleich hätten Berufstätige mit einem mittleren Lohn real 1600 Franken weniger Einkommen pro Jahr. Für Paare mit Kindern, wo beide Elternteile berufstätig sind, würde das eine Reallohneinbusse von 2200 Franken bedeuten.
Der drohende Prämienschock von bis zu 10 Prozent wird die Haushalte mit mittleren Einkommen besonders stark treffen. Sie erhalten kaum Prämienverbilligungen und zahlen oft mehr als 10 Prozent ihres Einkommens in die Krankenkassen. Der Prämienschock für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern führt dazu, dass die Familie rund 1100 Franken mehr für die Prämien ausgeben muss.
Schon seit einiger Zeit sind die Löhne der Normalverdienenden viel zu wenig gestiegen. «Die Produktivitätssteigerungen wurden nicht an die Arbeitnehmenden weitergegeben. Insbesondere bei den niedrigen und mittleren Einkommen besteht darum ein grosser Nachholbedarf», hält Vania Alleva, Präsidentin der Unia, fest. Die allgemeine konjunkturelle Lage ist nach wie vor positiv. Viele Branchen haben sich inzwischen völlig von der Krise erholt und erleben einen Boom. Der Spielraum für Lohnerhöhungen ist klar vorhanden.
Pierre-Yves Maillard, Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, fasst zusammen: «Für den übergrossen Teil der arbeitenden Bevölkerung ist die aktuelle Entwicklung ein Schock, wie wir ihn lange nicht erlebt haben. Normalverdienende sind darauf angewiesen, dass es jetzt substanzielle Verbesserungen bei den Löhnen und Massnahmen gegen die Last der Krankenkassenprämien gibt.»