Die Firma ARG Transport GmbH gehörte mit 12 Angestellten zu den grösseren Subunternehmen von DPD am Standort Bern. Das dortige Depot ist eine zugige Halle mit angebautem Dauerprovisorium in Form eines riesigen Zeltes. Am Sonntag, 25. April, verschickte DPD an die Fahrer von ARG eine SMS, sie sollen alle am Montag pünktlich um 5:30 Uhr im Depot eintreffen – es gebe News.
Die DPD-Kader teilten am besagten Montag mit, dass sie das Vertragsverhältnis mit ARG fristlos gekündigt hätten. Im Depot standen bereits andere Transporter an den eigentlich für ARG reservierten Plätzen und warteten darauf, beladen zu werden.
«Für mich war das ein Schock. Ich hatte Angst, alles zu verlieren: meine Arbeit und mein Leben hier in der Schweiz», erinnert sich Boris (Name geändert), der erst vor kurzem aus Bulgarien in die Schweiz gekommen ist, um für DPD zu arbeiten.
Einige Tage zuvor hatten die Zusteller ihrem Ärger über die Zustände beim Subunternehmen ARG Luft gemacht und sich an DPD gewandt. Sie beklagten, dass Löhne und Sozialversicherungsbeiträge nicht korrekt bezahlt würden, die Fahrzeuge nicht sicher seien und vieles mehr. Sie forderten auch, dass der Subunternehmer ausgewechselt wird. Aber damit, wie dieser Schritt vollzogen wurde, hatten sie nicht gerechnet.
Am Morgen des 26. April waren höhere Kader von DPD im Berner Depot anwesend. Sie holten die betroffenen Fahrer schliesslich ins Depot, verwehrten der Unia aber den Zutritt. Allen Zustellern wurden 3000 Franken als Anzahlung für die ausstehenden Löhne in die Hand gedrückt und ihnen mitgeteilt, dass sie per sofort bei einem anderen Subchef arbeiten könnten, dessen Unternehmen allerdings noch gar nicht existierte.
Das Problem: Die Fahrer hatten noch einen gültigen Arbeitsvertrag mit ARG, denn im «System DPD» sind alle Zusteller bei Subunternehmen angestellt, keiner bei DPD selbst. Die Angestellten hatten viele wichtige Fragen: Wie sollten sie kurzfristig den Arbeitgeber wechseln? Was war mit ihren Lohnansprüchen aus der Vergangenheit? Aber DPD bot keinerlei weitere Begleitung für diese Zusteller in Not.
Einige der Fahrer arbeiten heute für ein anderes Subunternehmen, andere sind leer ausgegangen. Alle weiteren Ansprüche bleiben bis heute offen. Die Unia hat die Ansprüche der Zusteller gegenüber ARG geltend gemacht und alle notwendigen Schritte eingeleitet. Ob dieses Kleinunternehmen überhaupt zahlen kann, ist fraglich.
DPD trägt die Verantwortung für die Situation und muss diese auch übernehmen. Die Unia hat DPD aufgefordert, offene Lohnansprüche, ausstehende Sozialversicherungsbeiträge, nicht bezogene oder entgoltene Ferien sowie nicht beglichene Überstunden und Überzeit zu übernehmen.
Die Zusteller haben ausschliesslich für DPD gearbeitet und sind wegen der fristlosen Auflösung des Vertrags mit dem Subunternehmen in eine Notlage geraten. Leider hat DPD bisher auf die Kontaktaufnahmen nicht geantwortet.