Nein zum Lohnsenkungsgesetz!

Das Parlament will mit dem heutigen Entscheid zum «Lohnsenkungsgesetz» kantonale Mindestlöhne verbieten – trotz demokratischer Volksentscheide. Tausenden Arbeitnehmenden drohen massive Lohneinbussen. Die Unia wehrt sich entschieden gegen diesen Angriff auf soziale Gerechtigkeit und die Volksrechte. Arbeit darf nicht arm machen!

Heute hat der Nationalrat mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (24.096) beschlossen, kantonale Mindestlöhne auszuhebeln. Dies ist ein Frontalangriff – auf die Menschenwürde, auf die Demokratie und auf die soziale Gerechtigkeit in unserem Land. In der Schweiz arbeiten Zehntausende Menschen in Branchen mit sehr tiefen Löhnen – im Gastgewerbe, in der Reinigung oder in Coiffeursalons. Viele von ihnen – vor allem Frauen – verdienen heute nur deshalb einen Lohn, der knapp zum Leben reicht, weil es in Kantonen wie Genf oder Neuenburg gesetzliche Mindestlöhne gibt. Diese Mindestlöhne wurden demokratisch beschlossen – vom Volk, an der Urne.

Die Parlamentsmehrheit will genau das rückgängig machen. Sie will, dass allgemeinverbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge Vorrang vor kantonalen Mindestlöhnen haben, selbst wenn die dort festgelegten Löhne tiefer sind als der kantonale gesetzliche Mindestlohn. Das bedeutet konkret: Lohnkürzungen für Menschen, die ohnehin nur knapp über die Runden kommen. Allein in Genf und Neuenburg wären Tausende von Arbeitnehmenden betroffen.

Lohnkürzungen für die Schwächsten

In Genf könnte eine gelernte Coiffeuse mit drei oder mehr Jahren Berufserfahrung bis zu 250 Franken im Monat verlieren. Eine angelernte Mitarbeiterin in der Textilreinigung sogar über 350 Franken – und selbst ein Teamleiter müsste mit 200 Franken weniger auskommen. Im Gastgewerbe sieht es nicht besser aus: Eine Mitarbeiterin mit einem eidgenössischen Berufsattest würde über 200 Franken verlieren – und eine ungelernte Kollegin mit einer Progresso-Ausbildung sogar mehr als 300 Franken pro Monat!

Diese Menschen leisten tagtäglich harte Arbeit. Sie verdienen Respekt – und einen Lohn, der zum Leben reicht. Sie erbringen eine reguläre Leistung für ihre Arbeitgeber – aber anstatt dass die Chefs sie dafür fair entlöhnen, muss die Allgemeinheit einspringen. Denn wer mit seinem Lohn nicht über die Runden kommt, ist auf Sozialleistungen angewiesen. Das bedeutet: Die Bevölkerung subventioniert indirekt Unternehmen, die sich ihrer Verantwortung entziehen.

Das ist eine Frechheit. In mehreren Kantonen und Städten hat die Bevölkerung mit klaren Volksentscheiden bewusst Nein dazu gesagt, dass Unternehmen ihre Verantwortung einfach abwälzen können – und deshalb einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt. Diese Mindestlöhne wurden in Bezug auf das Existenzminimum festgelegt, das zum Bestreiten des Lebensunterhalts erforderlich ist. Jetzt will die Parlamentsmehrheit diese sozial notwendigen Massnahmen aushebeln – zugunsten von Arbeitgeberinteressen. Dies ist nicht nur sozialpolitisch verheerend – sie ist auch ein direkter Angriff auf den Volkswillen

Doppeltes Spiel der Arbeitgeber

Besonders stossend ist: Dieselben Arbeitgeber, die sich in den GAV-Verhandlungen stets gegen höhere Mindestlöhne zum Beispiel in Genf oder Zürich gewehrt haben, mit dem Argument, das könne ja kantonal geregelt werden – genau diese Arbeitgeberkreise greifen nun die kantonalen Mindestlöhne an. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern schlicht unehrlich.

Dazu kommt: Von einer Senkung des Mindestlohns durch die Umsetzung der Motion Ettlin wären aber noch mehr Arbeitnehmende betroffen. Dies, da Mindestlöhne dazu führen, dass auch die Löhne von Arbeitnehmenden über dem Mindestlohn angehoben werden, um die Lohnhierarchie zu wahren. Wird der Mindestlohn gesenkt, droht das Gegenteil: Die Löhne in ganzen Branchen könnten mittelfristig wieder auf ein tieferes Niveau zurückfallen. Dies gefährdet damit nicht nur einzelne Einkommen, sondern das Lohngefüge im unteren und mittleren Bereich.

Die Menschen hinter den Zahlen

Es geht um Menschen. Um die alleinerziehende Mutter, die im Gastgewerbe arbeitet und jeden Rappen zweimal umdrehen muss. Um den älteren Angestellten in der Wäscherei, der trotz jahrzehntelanger Arbeit keine Sicherheit hat. Diese Menschen verdienen mehr als politische Spielchen auf ihrem Rücken – sie verdienen Gerechtigkeit und Sicherheit. Selbst der Bundesrat, fast alle Kantone, der Städteverband lehnen die Vorlage ab. Warum? Weil sie wissen: Diese Gesetzesänderung ist ungerecht, undemokratisch und gefährlich.

Die Gewerkschaft Unia sagtklar: Nein zum Lohnsenkungsgesetz. Ja zu einem Lohn, der zum Leben reicht.Denn: Armut trotz Arbeit ist ein Skandal in einem reichen Land wie der Schweiz.

Die Unia wird sich mit aller Kraft gegen diese Vorlage wehren. Denn wir stehen ein für eine Schweiz, in der Arbeit nicht arm macht.