Statt Schwächung braucht es flächendeckende Anwendung von Lohnanalysen

Mit der Annahme der Motion «Diskriminierungsfreie Schichtzulagen von der Lohngleichheitsanalyse ausnehmen» (23.4139) des FDP-Nationalrats Schilliger hat der Nationalrat heute ein verheerendes Signal gegen die verfassungsmässig garantierte Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern gesendet. Für die Gewerkschaft Unia ist dieser Entscheid inakzeptabel: Statt einer Schwächung der Lohnkontrollen braucht es eine konsequente und flächendeckende Anwendung der Lohnanalysen.

Die Motion «Diskriminierungsfreie Schichtzulagen von der Lohngleichheitsanalyse ausnehmen» (23.4139) verlangt, dass Schichtzulagen künftig bei den gesetzlich vorgeschriebenen Lohngleichheitsanalysen nicht mehr berücksichtigt werden. Das gefährdet die Durchsetzung des in Artikel 8 Absatz 3 der Bundesverfassung verankerten Grundsatzes der Lohngleichheit.

Bereits heute halten sich viele Unternehmen nicht an die gesetzlichen Anforderungen: Ein Fünftel der analysepflichtigen Betriebe hat die vorgeschriebenen Analysen gar nicht durchgeführt, ein Drittel davon nicht überprüfen lassen und die Hälfte hat die Ergebnisse nicht veröffentlicht. Statt die bestehenden Lücken zu schliessen, wird mit der angenommenen Motion versucht, die Anforderungen weiter auszuhöhlen.

Schichtzulagen sind lohnrelevant

Dabei unterstreicht auch der Bundesrat in seiner Antwort zur Motion: Schichtzulagen gehören zu den lohnrelevanten Bestandteilen und bergen ein erhebliches Diskriminierungspotenzial – etwa wenn sie Vollzeitangestellten vorbehalten oder in typischen Frauenberufen systematisch tiefer angesetzt sind.

Ein weiterer zynischer Versuch, Lohnungleichheiten wegzudiskutieren

Die Unia kritisiert den Entscheid des Nationalrats scharf. Die Motion öffnet die Tür dazu, dass Unternehmen ihre Lohnanalysen beschönigen und Diskriminierungen gezielt ausblenden können. Dass dieser Angriff auf das Gleichstellungsgesetz auch noch von Arbeitgeberverbänden wie Swissmem unterstützt wird, zeigt, wie wenig Bereitschaft vielerorts besteht, Lohngleichheit tatsächlich umzusetzen.

Lohnungleichheit ist real – und muss bekämpft werden

Die neusten Zahlen des Bundesamts für Statistik (LSE 2022) belegen: Die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen beträgt weiterhin 17,5 Prozent – fast die Hälfte davon ist nicht durch objektive Faktoren erklärbar. Frauen erhalten in der Schweiz also für gleichwertige Arbeit nach wie vor weniger Lohn.

Die Unia fordert: Gesetz verschärfen statt Instrumente schwächen

Angesichts der Arbeitgeberoffensive fordert die Unia eine Revision und Verschärfung des Gleichstellungsgesetzes (GlG).

Es braucht unter anderem:

  • regelmässige und obligatorische Lohnanalysen für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Grösse,
  • wirksame Kontrollen durch staatliche Behörden und Sanktionen bei Verstössen,
  • die Einbindung der Gewerkschaften und eine transparente Kommunikation der Ergebnisse gegenüber den Mitarbeitenden.

Die Unia ruft die Politik auf, die Lohngleichheit endlich ernst zu nehmen – denn sie ist nicht verhandelbar.