Die Delegiertenversammlung der Gewerkschaft Unia hat heute in Bern ein Manifest mit dem Titel «Gleiche Löhne und Rechte unabhängig von der Herkunft» diskutiert und verabschiedet. Das an Veranstaltungen und Workshops mit Basismitgliedern ausgearbeitete Manifest bekräftigt das Bekenntnis der Unia zu einem demokratischen und sozialen Europa, in dem man sich frei bewegen kann und das den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit guten Arbeits- und Lohnbedingungen gewährleistet.
Mit dem Manifest appellieren die Mitglieder der grössten Gewerkschaft der Schweiz an den Bundesrat und die Europäische Kommission, die Öffnung des Binnenmarktes «unbedingt» durch «noch wirksamere Massnahmen zum Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen» zu flankieren. Angesichts eines Medianlohns, der dreimal höher ist als in der EU, sei es klar, dass die Schweiz weiterhin in der Lage sein müsse, «eigenständig wirksame Massnahmen festzulegen», um Dumping und eine Implosion der Löhne zu verhindern, erklärt Domenica Priore, Sanitärinstallateurin aus Winterthur.
Auch Uhrenmacher Eduardo Cubelo aus Porrentruy insistiert auf der «roten Linie des Lohnschutzes». Das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am gleichen Ort müsse unbedingt gewährleistet werden, «und zwar für alle Lohnbestandteile inklusive Spesen». Dafür brauche es die bestehenden Präventions- und Sanktionsmechanismen, also paritätische Kontrollen, Kautionen, Bussen und Dienstleistungssperren. Eduardo Cubelo betont aber auch, dass darüber hinaus die in europäischen Richtlinien formulierten Arbeitnehmerrechte als Richtschnur dienen müssen: «Die Schweiz muss die bestehenden Lücken schliessen, von der GAV-Abdeckung und angemessenen Mindestlöhnen über den Kündigungsschutz und die Durchsetzung der Lohngleichheit bis hin zu den Mitbestimmungsrechten in Unternehmen».
Die Erwachsenenbildnerin Lilia Benyezzar aus Delémont, die wie Domenica Priore und Eduardo Cubelo an der Erarbeitung des Textes mitgearbeitet hat, hebt einen weiteren zentralen Punkt des Manifestes hervor: «Personenfreizügigkeit und gleiche Rechte für alle Arbeitnehmenden sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Sie sind die Basis für ein solidarisches Miteinander aller Arbeitnehmenden in der Schweiz unabhängig von ihrer Herkunft. Gemeinsam schützen wir Löhne, nicht Grenzen.» Kontingente und Diskriminierung hätten Lohndumping und Schwarzarbeit noch nie verhindert, fährt Lilia Benyezzar weiter.
Aus diesen Gründen lehnt Lilia Benyezzar auch die SVP-Initiative gegen eine «Zehn-Millionen-Schweiz» vehement ab. Die darin geforderte Abschaffung der Personenfreizügigkeit würde nur zur Spaltung und Entrechtung der Arbeitnehmenden führen. Die Unia-Delegierten haben an ihrer heutigen Delegiertenversammlung bereits mit den Vorbereitungen für eine aktive Unia-Kampagne gegen dieses demagogische Projekt begonnen.
Zum Unia-Manifest «Gute Löhne und gleiche Rechte unabhängig von unserer Herkunft»