Zusteller:innen fordern: Smood, nimm deine Verantwortung war!
Jetzt, wo das obligatorische Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen abgeschlossen ist, schieben sich sowohl Smood als auch Simple Pay die Verantwortung gegenseitig in die Schuhe. Den Zusteller:innen stehen Lohnnachzahlungen zu. Aber beide Unternehmen weigern sich zu bezahlen. Simple Pay beschäftigte Ende 2021 mehr als 1000 Personen – trotzdem weigern sich beide Unternehmen einen Sozialplan abzuschliessen, obwohl das eine gesetzliche Vorschrift ist.
Bei der Pressekonferenz heute Morgen betonte Roman Künzler, Leiter Logistik und Transport bei der Unia: «Das Personal von Smood ist Opfer eines Manövers, das darauf abzielt, die Verpflichtungen als Arbeitgeber zu umgehen.»
Smood weigerte sich, seinem Partner Simple Pay eine höhere Lohnsumme zu zahlen, so wie es die Vorschrift der Behörden vorsah. Daraufhin geriet Simple Pay, die als exklusive Verleihfirma für Smood das Lieferpersonal gestellt hatte, in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Eine ähnliche Episode hatte sich bereits im Frühjahr 2021 mit dem Unternehmen Allo Service, einem Partner von Smood, ereignet.
Smood muss für verantwortlich erklärt werden
Die Anwälte der Streikenden, Christian Dandrès und Caroline Renold, erklären das Vorgehen: «Wenn Smood sich weigert, die Rechnung von Simple Pay zu bezahlen, um die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden zu respektieren, geht Simple Pay in Konkurs. Simple Pay ist eine leere Hülle, die geschaffen wurde, damit Smood nicht in einem direkten Arbeitsverhältnis mit den Zusteller:innen steht. Daher muss der wahre Arbeitgeber ermittelt werden: Smood ist für die Ansprüche der Angestellten von Simple Pay verantwortlich. Entsprechende Anträge gegen Smood werden vor Gericht gestellt werden.»
Zur Erinnerung: Simple Pay praktiziert seit 2018 eine «minutengenaue Bezahlung». Die Zusteller:innen werden nur während der Lieferzeit und nicht während der Wartezeit bezahlt.
Eine Praxis, die von der CRCT (Chambre collective des relations de travail) in Genf als illegal eingestuft wurde. Die Praxis verstösst gegen das Gesetz, das den Personalverleih regelt. Gemäss Schätzungen der Gewerkschaft Unia schuldet Smood/Simple Pay ihrem Personal mindestens 10 Millionen Franken an Löhnen, Sozialversicherungen und Berufsauslagen.
Klare Forderungen der Zustellerinnen und Zusteller
Maher, der bei Simple Pay angestellt war, berichtete ebenfalls über die Forderungen der entlassenen Zusteller:innen: «Wir weigern uns, durch den Konkurs von Simple Pay auf der Strecke zu bleiben, obwohl wir für Smood gearbeitet haben. Wir wollen eine Garantie, dass alle unsere Arbeitsstunden sowie unsere Auslagen vollständig bezahlt werden. Die Behörden haben uns in allen Punkten Recht gegeben. Wir fordern auch einen Sozialplan: mit einem Jobcenter sowie Umschulungsmöglichkeiten. Im Moment warten wir auf die Auszahlung des Augustlohns. Smood blockiert dieses Geld zu unserem Nachteil.» Diese Forderungen formulierten die Zusteller:innen an mehreren Versammlungen, welche die Gewerkschaft Unia organisiert hatte. Die Forderungen unterbreitete die Unia sowohl Simple Pay und Smood als auch der Migros, die als Hauptaktionärin involviert ist.
Soziale Verantwortung der Migros Genf engagiert
Helena de Freitas, stellvertretende Regionalsekretärin der Unia Genf, betont: «Wir wandten uns an die Migros Genf, um sie auf die Situation aufmerksam zu machen. Als Hauptaktionärin hält sie 46 Prozent der Aktien von Smood. Wir erwarten daher, dass sie ihr ganzes Gewicht in die Waagschale wirft, um die Situation zu deblockieren und zu einer ausgewogenen Vereinbarung zu gelangen. Es wäre unverständlich, wenn sie das sozial unverantwortliche und rechtlich fragwürdige Geschäftsgebaren von Smood und Simple Pay unterstützen würde.»
Die Massenentlassung des gesamten Lieferpersonals in Genf und in der Genfersee-Region zeigt einmal mehr, welchen Schaden ein Geschäftsmodell anrichten kann, das auf Uberisierung und Ausbeutung beruht. Die Beschäftigten sind entschlossen, diesen Auswüchsen Einhalt zu gebieten, und setzen sich weiterhin mit Unia für das Einhalten ihrer Rechte ein. Die Gewerkschaft ist erfreut, dass von nun an die von Smood angestellten Zusteller:innen stundenweise bezahlt werden. Dieser Fortschritt wurde durch den 36-tägigen Streik im vergangenen Jahr ermöglicht.