Bauarbeiter verabschieden Forderungen für die Neuverhandlung des Landesmantelvertrags
Aus allen Teilen der Schweiz reisten die Bauarbeiter heute nach Bern an ihre Berufskonferenz – das Bauarbeiter-Parlament, um über ihre Arbeitsbedingungen und die Zukunft der Baubranche zu debattieren. Dabei stand der steigende Zeit- und Termindruck im Vordergrund. Dieser stellt ein akutes Risiko für die Gesundheit und die Arbeitssicherheit vieler Beschäftigter dar.
Zudem wirkt sich das auch auf den professionellen Nachwuchs in der Branche aus:
- Die Zahl der Lernenden, welche diesen schönen Beruf wählen, hat sich in den letzten zehn Jahren fast halbiert.
- Jeder zweite ausgelernte Maurer verlässt irgendwann die Branche. Jeder zehnte tut dies innerhalb der ersten fünf Jahre – diese Zahl ist dreimal höher als der gesamtschweizerische Schnitt.
- Schon kann jede zehnte Polier-Stelle nicht mehr besetzt werden. In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren müssen zudem mehr als die Hälfte der Polierstellen ersetzt werden.
Die Bauarbeiter fordern deshalb zu Recht, dass es jetzt echte Lösungen und Verbesserungen für die realen Probleme auf dem Bau braucht.
Neuverhandlung des Landesmantelvertrags als Chance für die Branche
Nächstes Jahr läuft der LMV aus und wird zwischen den Gewerkschaften und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) neu verhandelt. Das ist eine Chance, die Probleme anzugehen und die Zukunft der Branche zu sichern. Um die Bedürfnisse der Bauarbeiter demokratisch zu eruieren, hat die Unia eine breite Abstimmung bei über 15'000 Bauarbeitern auf den Baustellen durchgeführt. Rund jeder fünfte Bauarbeiter äusserte so seine Meinung.
Die Resultate sprechen Klartext: Es braucht mehr Schutz für die Gesundheit der Bauarbeiter, kürzere Arbeitstage und ein Ende des Stundenklaus bei Schlechtwetter und bei der Reisezeit. Denn heute ist es so, dass die Bau-Leute selbst mit ihren Überstunden und ihrer Freizeit für die Herumreiserei der Firmen und für Arbeitsausfälle bei Schlechtwetter zahlen müssen.
Es braucht ein Umdenken beim Baumeisterverband
Die Probleme auf dem Bau sind bekannt und könnten angepackt werden. Doch um die Erneuerung des LMV als Chance zu nutzen, braucht es auf der Seite der Baumeister ein Umdenken und weniger Beton-Mentalität.
Trotz Bauboom mit rekordhohen Auftragseingängen zeigte der Baumeisterverband jüngst bei den Lohnverhandlungen keine Bereitschaft, auf die berechtigte Forderung nach mehr Lohn überhaupt einzugehen. Er hat nicht einmal ein Angebot gemacht! Eine Woche nach den gescheiterten Verhandlungen drohte der SBV dann öffentlich mit einem vertragslosen Zustand und der Abschaffung des LMV.
Dieses Säbelrasseln der Hardliner auf Seiten Arbeitgeber nützt aber weder den Angestellten noch den verantwortungsvollen Unternehmen. Und es sorgt bei den Bauarbeitern verständlicherweise für Empörung. Mit einer symbolischen Aktion haben die Delegierten nach der Berufskonferenz deshalb gegen diese gefährliche Blockade-Haltung protestiert und kurzum eine Mauer als Zeichen der harten Arbeit der Bauarbeiter vor dem Eingang zu den Büros des lokalen Berner Baumeisterverbands hochgezogen.