Die Baubranche ist eine der wenigen, die in dieser Lohnrunde keinen Teuerungsausgleich gewährt.
Seit Jahren wachsen die Umsätze im Bauhauptgewerbe und erreichten diesen Herbst ein neues Rekordhoch. Auch die Auftragsbücher sind voll.
Äusserst schwierig ist die Situation hingegen für die Bauarbeiter: Immer weniger Bauarbeiter leisten immer mehr und der Termindruck nimmt zu. Und nun bleibt «dafür» noch weniger im Portemonnaie.
Der Reallohnverlust für viele Bauarbeiter beträgt in den letzten drei Jahren gegen vier Prozent. Die Teuerung seit Dezember 2020 liegt bei 6,4 Prozent. Hingegen summieren sich die generellen Lohnerhöhungen im Bauhauptgewerbe im gleichen Zeitraum gerade mal auf 2,5 Prozent.
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) spricht von vier Prozent Lohnsteigerung. Dabei rechnet er sämtliche individuellen Lohnerhöhungen und Beförderungen mit ein. Und: Die Statistiken der Baumeister beziehen sich lediglich auf den Durchschnitt der festangestellten Bauarbeiter ihrer Mitgliedsfirmen.
Zehntausende Bauarbeiter von weiteren Firmen und Subunternehmen sowie Temporärangestellte, die oftmals lediglich den Mindestlohn erhalten, sind darin gar nicht berücksichtigt.
Daher überschätzt der SBV die Lohnentwicklung systematisch. So oder so erhält die Mehrheit der Bauarbeiter trotz bester Konjunktur heute real weniger Lohn als vor vier Jahren.
Der Entscheid des Baumeisterverbands, ausgerechnet im aktuellen Konjunkturumfeld eine Reallohnsenkung durchzupauken, ist verantwortungslos für die Branche und respektlos gegenüber den Bauarbeitern. Der einseitige Abbruch der Verhandlungen durch den Baumeisterverband widerspricht zudem sämtlichen Regeln der Vertragspartnerschaft.
Die Gewerkschaften hatten die SBV-Delegierten aufgefordert, den verantwortungslosen Kurs der Verbandsspitze an ihrer DV vom 9./10. November zu korrigieren und die Baumeister zurück an den Verhandlungstisch zu schicken. Diese Chance haben sie verpasst.
Die Bauarbeiter sind enttäuscht und werden sich im kommenden Jahr umso energischer für eine faire Lohnerhöhung einsetzen.