Die Unia hat am Freitag, 15. Februar 2019 die Resultate der Umfrage zum Arbeitsalltag der Pflegenden bekannt gegeben. Tags darauf hat in Bern die Fachtagung Pflege und Betreuung stattgefunden. 40 Pflegende und Gewerkschafter/innen haben daran teilgenommen. Sie haben die Resultate und das weitere Vorgehen diskutiert. Samuel Burri, Branchenverantwortlicher Pflege, war dabei.
Für die Teilnehmenden waren die Umfrage-Resultate wohl wenig überraschend. Wie war die Stimmung an der Fachtagung?Samuel Burri: Das stimmt, die Resultate waren nicht überraschend. Dennoch waren die Anwesenden erstaunt darüber, wie deutlich sie ausgefallen sind. Das hat viele empört. Gleichzeitig fühlen sie sich erleichtert, weil sie sehen, dass sie mit ihren Problemen nicht alleine dastehen. Einig sind sich aber alle: Es muss sich etwas ändern und sie wollen weitermachen.
Welches Problem sehen die Teilnehmenden als grösste Herausforderung?Das ist ganz klar der Personalmangel. Zum einen, weil der Nachwuchs fehlt und zu wenig Pflegende ausgebildet werden. Zum anderen, weil so viele von ihnen aus dem Beruf aussteigen wollen – wegen schlechten Arbeitsbedingungen und gesundheitlichen Problemen.
Besonders schwierig ist für die Teilnehmenden der Fachtagung auch, dass sie zu wenig Zeit für die Bewohner/innen haben. Schliesslich ergreifen viele Pflegende ihren Beruf, weil sie für und mit Menschen arbeiten wollen. Menschen wie Fliessbandware zu behandeln, funktioniert nun mal nicht. Das ist demütigend – für die Bewohner/innen und die Pflegenden.
An der Fachtagung habt ihr das weitere Vorgehen besprochen. Wie sieht das konkret aus?Die Pflegenden waren sich einig, dass wir auf den Forderungen der Unia beharren müssen. Insbesondere auf die Neuordnung der Pflegefinanzierung. Nur so können wir eine breite politische und gesellschaftliche Diskussion erreichen. Klar ist: Die Entschädigungen für Pflegeleistungen müssen erhöht werden. Pflegeheime müssen als Ganzes entschädigt werden und nicht nur, wenn ein Bett belegt ist.
Wichtig ist den Teilnehmenden zudem eine bessere Zusammenarbeit der Arbeitgeberseite mit den Gewerkschaften. Es braucht einen Dialog auf Augenhöhe und dazu müssen sich alle an einen Tisch setzen: Pflegende, Arbeitgeber und die Sozialpartner.
Was sind die nächsten Schritte?Wir wollen weiterhin auf die Missstände in der Langzeitpflege, also in Alters- und Pflegeheimen, aufmerksam machen. Da mehrheitlich Frauen in der Pflege arbeiten, nutzen wir dazu den Frauenstreik und -aktionstag am 14. Juni 2019. Wir wollen ein starkes Zeichen setzen.
Für Pflegerinnen ist es aber kaum machbar, am 14. Juni nicht zur Arbeit zu erscheinen. Was planen sie stattdessen für den Frauenstreik?Natürlich, die Pflege der Bewohner/innen muss gewährleistet sein. Pflegerinnen können nicht einfach die Arbeit niederlegen und demonstrieren gehen. Indem der Frauenstreik und dessen Beweg- und Hintergründe zum Thema werden, machen wir Missstände jedoch sichtbar. Deshalb mobilisieren wir schon heute, um auf den Frauenstreik aufmerksam zu machen. Frauen können im Vorfeld mit Angehörigen und ihrem Umfeld über ihre Arbeitssituation und den Streik sprechen. Aber auch Frauen, die am 14. Juni arbeiten müssen, haben Möglichkeiten, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen: Sie können zum Beispiel Transparente aufhängen. Oder sie bekunden ihren Unmut mit einem Pin oder einem anderen optischen Merkmal, das auf den Frauenstreik hinweist. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und es ist vieles möglich, wenn die Pflegenden das wollen.
Wie können sich die Mitglieder der Unia engagieren, um die Situation zu verbessern?Sie können sich aktiv zusammen mit der Gewerkschaft in den Betrieben für punktuelle Verbesserungen einsetzten. Das Ziel ist, Arbeitgeber und Politik auf die Schwachstellen in der Pflege aufmerksam zu machen. Deshalb braucht es auch den Frauenstreik.
Gemeinsam für gute Arbeitsbedingungen
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