Über 10’000 Bauarbeiter fordern Respekt für ihre Arbeit: Familienfreundliche Arbeitszeiten, anständige Lohnerhöhungen und Schluss mit der unbezahlten Reisezeit

Dieses Jahr läuft der Landesmantelvertrag (LMV) des Bauhauptgewerbes aus und muss neu verhandelt werden. Bauarbeiter aus allen Teilen der Schweiz sind deshalb heute an zwei überregionalen Kundgebungen in Zürich und Lausanne auf die Strasse gegangen, um für faire Arbeitsbedingungen auf dem Bau zu demonstrieren. Im Vordergrund standen die Forderungen nach familienfreundlicheren Arbeitszeiten, einer bezahlten Pause, die Abschaffung der unbezahlten Reisezeit sowie einer Lohnerhöhung.

Heute Nachmittag demonstrierten über 10’000 Bauarbeiter in Zürich und Lausanne, um ihren Forderungen für den neuen Landesmantelvertrag laut und kämpferisch Nachachtung zu verschaffen.

An der Schlusskundgebung auf dem Helvetiaplatz in Zürich fasste Nico Lutz, Leiter der Verhandlungen und Bauverantwortlicher bei der Gewerkschaft Unia, die heutigen Realitäten auf dem Bau zusammen: «In den letzten 10 Jahren wurde in der Schweiz 20 Prozent mehr gebaut – und das mit weniger Personal. Die Bauarbeiter sind heute extrem unter Druck und als Resultat verlässt jeder zweite ausgebildete Maurer heute die Branche.» Eines der grössten Probleme seien die extrem langen Arbeitstage, die auch zu einem erhöhten Unfallrisiko führen.

Yvonne Feri, die Präsidentin der Gewerkschaft Syna, unterstrich den dringenden Handlungsbedarf: «Die Bauarbeiter haben das Recht auf anständige Arbeitsbedingungen. Überlange Arbeitstage belasten das Familienleben enorm. Bezahlte Pausen, bezahlte Reisezeit zur Baustelle und ein voller Ausgleich der Teuerung sind in vielen Branchen schon längst eine Selbstverständlichkeit. Warum nicht auch auf dem Bau?»

Klare Forderungen für eine zukunftsfähige Baubranche

  • Die Bauarbeiter haben für die LMV-Verhandlungen auf der Basis einer Umfrage zur Arbeitszeit, an der über 10'000 Bauleute teilgenommen habe, klare Forderungen festgelegt:
  • Kürze Arbeitstage – acht Stunden sind genug. Es braucht einen Schutz gegen überlange Arbeitstage und die Einschränkung der Arbeit am Samstag.
  • Die Znüni-Pause soll – wie in anderen Branchen längst eine Selbstverständlichkeit –entschädigt werden.
  • Heute zählt die Reisezeit vom Betrieb zur Baustelle nicht zur Arbeitszeit – obwohl es das Gesetz anders vorsieht und eine halbe Stunde pro Tag wird nicht einmal bezahlt. Reisezeit im Auftrag der Firma ist klar Arbeitszeit und muss von der ersten Minute an entschädigt werden.
  • Es braucht eine anständige Lohnerhöhung für alle und einen gesicherten Teuerungsausgleich für die Zukunft. Nur so kann die Kaufkraft der Bauarbeiter erhalten bleiben.

Die Bauarbeiter sind entschlossen, sich für ihre Forderungen stark zu machen. Dies verdeutlichte ein Bauarbeiter am Rednerpult auf dem Helvetiaplatz: «Wie ihr, arbeite ich jeden Tag auf der Baustelle. Ich bin stolz auf die Arbeit, die wir leisten. Wir bauen dieses Land!
Aber etwas läuft schief auf dem Bau. Wir verlieren immer mehr gute Kollegen, weil sie die Branche verlassen. Und immer weniger Junge kommen nach. Darum braucht es jetzt Veränderungen!»

Bauleute sind bereit für ihre Rechte zu kämpfen

Die Verhandlungen über den LMV haben Anfang April mit Sondierungsgesprächen der Vertragspartner begonnen. In vergangenen Verhandlungen forderte der Baumeisterverband jeweils noch längere Arbeitstage, noch mehr Überstunden und selbst Lohnkürzungen für ältere Bauarbeiter. Aus Sicht der Gewerkschaften werden damit die Probleme auf dem Bau weiter verschärft und nicht gelöst. Sie gehen deshalb auch dieses Mal gehen von anspruchsvollen Verhandlungen aus.

Verhandlungsleiter Nico Lutz warnte an der Kundgebung davor, dass die Vertragserneuerung kein «Sonntagsspaziergang» werde. «Die Bauarbeiter haben aber in der Vergangenheit immer wieder gezeigt: Sie sind bereit für ihre Rechte und den Respekt für ihre Arbeit zu kämpfen. Sie sind auch dieses Mal dazu bereit.»