Schweiz – EU: Kein Feilschen um Lohnschutz!

Die Delegiertenversammlung des Sektors Gewerbe der Unia hat sich mit einer Resolution zum Europa-Dossier geäussert. Es ist ausgeschlossen, dass die bereits unter Druck stehenden Arbeitnehmenden für Zugeständnisse der Schweiz beim Schutz von Löhnen und Arbeitsbedingungen den Preis zahlen. Die Delegierten haben sich mit einem langen Applaus von Aldo Ferrari verabschiedet, der aus der Sektorleitung austritt und in den Ruhestand geht. Beim Dossier der Altersvorsorge und bei der Referendumskampagne gegen die antisoziale BVG-Reform kann die Unia jedoch weiterhin auf ihn zählen.

Die rund 100 Delegierten, die in den Berufen des Baugewerbes (Gipser- und Malergewerbe, Schreinergewerbe, Elektrogewerbe, Gebäudetechnik usw.) tätig sind, haben an ihrer Versammlung in Bern ihre grosse Sorge über die bilateralen Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union geäussert. Das vom Bundesrat verabschiedete Verhandlungsmandat sieht erhebliche Verschlechterungen beim Lohnschutz in der Schweiz vor.

Inakzeptable Verschlechterungen

Die handwerklichen Berufe stehen wegen des starken Wettbewerbs bereits unter Druck. Dank des bestehenden Kontrollsystems stellen die flankierenden Massnahmen sicher, dass für eine in der Schweiz geleistete Arbeit ein Schweizer Lohn bezahlt wird. Das ist wichtig, um Lohndumping zu bekämpfen, da die Löhne in Europa bis zu fünfmal tiefer sind als in der Schweiz. Statt dieser Tatsache Rechnung zu tragen und die flankierenden Massnahmen zu stärken, will der Bundesrat sie stark schwächen, insbesondere durch die Abschaffung von grossen Teilen des Kautionssystems. Er eröffnet Arbeitgebern die Möglichkeit, Übernachtungen und Mahlzeiten nicht mehr nach dem Schweizer Tarif, sondern nach dem Tarif des Herkunftslandes zu bezahlen. Zudem schwächt er das Verbot, bei festgestelltem Dumping Dienstleistungen in der Schweiz anzubieten, und er verkürzt die Meldefrist, wodurch die Kontrolle von Unternehmen, die sich möglicherweise nicht an die Regeln halten, erschwert wird. Der vom Bundesrat gewählte Weg ist unverständlich und schadet allen Akteuren des Gewerbes in der Schweiz.

Wirksamer Lohnschutz ist unerlässlich

In einer Resolution haben die Delegierten erklärt, bedingungslos an starken flankierenden Massnahmen festzuhalten. Sie erinnern den Bundesrat ausserdem daran, dass das Volk kein Abkommen auf dem Buckel der Arbeitnehmenden billigen wird. Ihre Position ist eindeutig:

  • Die flankierenden Massnahmen müssen mit wirksamen und abschreckenden Kontroll- und Sanktionsmechanismen verstärkt werden.
  • Der Abschluss von allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen muss erleichtert werden, um sich im Interesse der Sozialpartner auf die neuen Tatsachen der Arbeitswelt abzustimmen.
  • Bessere Löhne und kürzere Arbeitszeiten sollen die Berufe attraktiv machen und dem steigenden Personalmangel entgegenwirken.

Pensionierung von Aldo Ferrari (Co-Leiter des Sektors Gewerbe)

Sichtlich bewegt verabschiedeten die Delegierten Aldo Ferrari mit einem langen Applaus für seinen grossen Einsatz für die Unia und insbesondere für den Sektor Gewerbe. Aldo Ferrari geht nach 26-jähriger Tätigkeit für die Gewerkschaft in den Ruhestand. Zunächst war er bei der Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) und anschliessend bei der Unia tätig, wo er 2011 Mitglied der Geschäftsleitung wurde und von 2015 bis 2021 Vizepräsident war. Die Delegierten dankten einem Gewerkschafter, der dies mit Leib und Seele war und den Idealen der sozialen Gerechtigkeit und der Solidarität stets treu geblieben war. Die Unia wird jedoch im Dossier der Altersvorsorge und bei der Referendumskampagne gegen die antisoziale BVG-Reform weiterhin auf die bewährte Expertise von Aldo Ferrari zählen können.

Mit dem Rücktritt von Aldo Ferrari wird Yannick Egger neben Bruna Campanello, die bereits im Amt und Mitglied der Geschäftsleitung ist, zum Co-Leiter des Sektors Gewerbe der Unia ernannt. Daniela Karst ist neu Mitglied des Leitungsteams.