Tetra Pak «schützt was gut ist», nur seine Beschäftigten nicht
Über 150 Personen haben sich heute Vormittag am Quai d’Ouchy in Lausanne versammelt, von wo sie in einem Protestzug zum Hauptsitz von Tetra Pak in Pully (VD) zogen. Mehrere Redner:innen erinnerten daran, was eine Betriebsschliessung für die Beschäftigten und für die Arbeitnehmendenrechte bedeutet. Mit goldenen Ziegelsteinen, die vor dem Gebäude niedergelegt wurden, prangerten die Beschäftigten symbolisch das blinde Profitstreben des Unternehmens an. Nach einer Mahnwachte vor dem Firmensitz traf eine Delegation der Arbeiter:innen einen Vertreter des Unternehmens.
Profit geht vor ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit
Der schwedisch-schweizerische Konzern Tetra Pak will die Kartonverpackungsfabrik bei Dijon im Herbst 2025 schliessen und die Produktion ins Ausland verlagern. Dafür gibt es angesichts der Unternehmenszahlen keine wirtschaftliche Notwendigkeit. Dennoch sind dadurch über 350 Arbeitsplätze direkt oder indirekt bedroht.
«Weder der Konzern noch die betroffene Sparte sind in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Den Arbeiter:innen droht hingegen Arbeitslosigkeit. Und wer eine neue Stelle findet, wird wahrscheinlich schlechter bezahlt und weit von seinem Wohnort entfernt arbeiten», sagt Ralph Blindauer, der Anwalt der Arbeiter:innen.
Die Demonstrant:innen prangern auch die Heuchelei des Unternehmens an, das mit dem Slogan «schützt was gut ist» wirbt. Mit der geplanten Verlagerung schützt Tetra Pak hingegen weder seine Beschäftigten, die ihrer Arbeit beraubt werden, noch die Umwelt, da nach der Auslagerung die Produkte mit Lastwagen aus anderen Ländern nach Frankreich gefahren werden müssen. Der Gewerkschaftsdelegierte Mohamed Aouidat sagte: «In Serbien, Ungarn oder Spanien zu produzieren, um nachher die Verpackungen zurück in die französischen Fabriken zu liefern, ist ein ökologischer Unsinn!»
Gewerkschaftlicher Kampf über Grenzen hinweg
Die Demonstration gegen die Schliessung des Standorts Longvic zeigt die Bedeutung der internationalen Solidarität in der gewerkschaftlichen Arbeit. Die Region Bourgogne-Franche-Comté grenzt direkt an die Schweiz; Arbeitnehmende wie Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze sind durch vielfältigen menschlichen und wirtschaftlichen Austausch verbunden. Dazu kommt: Da die Schweiz Sitz vieler international operierender Unternehmen ist, betreffen hier getroffene Entscheidungen Arbeitnehmende auf der ganzen Welt. Die internationale Solidarität der Beschäftigten ist die Antwort auf das Verhalten gewisser Firmenchefs, die sich in den Schweizer Bergen und an den Ufern der Schweizer Seen verstecken wollen.
Verteidigung der Industrie
Der Regionalsekretär der Unia Waadt, Arnaud Bouverat, betonte die Bedeutung des gewerkschaftlichen Kampfes für den Erhalt von Industriestandorten. Es brauche eine lokale Produktion, um ökologischen und sozialen Herausforderungen zu begegnen. Die diesbezügliche Gleichgültigkeit der Politik, sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz, sei unverantwortlich, so Bouverat. Abschliessend erinnerte Anwalt Ralph Blindauer daran, dass die französischen Gesetze strenger sind als die schweizerischen, und dass Tetra Pak auf dieser Grundlage auf seine Entscheidung zurückkommen muss.