Angriff auf Mindestlöhne führt zu Lohnsenkungen in Tieflohnbranchen

Die Kommission WAK des Nationalrats will eine Gesetzesrevision, welche kantonale Mindestlöhne aushebelt. Dieser Angriff auf kantonale Mindestlöhne führt zu Lohnsenkungen im Tieflohnbereich, dies trotz breiter Ablehnung in der Vernehmlassung. Die Folgen wären mehr Armut für die Betroffenen und höhere Sozialhilfekosten für die Kantone. Die Gewerkschaft Unia kündigt gegen diese Lohnsenker-Gesetzgebung scharfen Widerstand an.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrats schlägt eine Gesetzesrevision vor, welche kantonale Mindestlöhne materiell aushebelt. Die Umsetzung der Motion «Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen» von Ständerat Erich Ettlin ebnet den Weg, dass Mindestlöhne in allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (AVE GAV) kantonale Mindestlöhne unterbieten können.

Umstrittene Gesetzesanpassung trotz breiter Ablehnung

Der Gesetzesentwurf, der sowohl vom Bundesrat und wie von den Kantonen klar zur Ablehnung empfohlen wurde, sieht vor: Bestimmungen über Mindestlöhne können allgemeinverbindlich erklärt werden, auch wenn sie zwingendem kantonalem Recht widersprechen. Dies trotz breiter Ablehnung in der Vernehmlassung.

Lohnkürzungen in Tieflohnbranchen drohen

Sollte das Parlament der Kommission folgen, drohen in mehreren Tieflohnbranchen erhebliche Einkommenseinbussen für Arbeitnehmende. Besonders betroffen wären die Kantone Genf und Neuenburg, wo gesetzliche Mindestlöhne gelten. Betroffen von drohenden Lohnsenkungen wären besonders Tieflohnbranchen wie das Gastgewerbe, die Textilreinigung oder das Coiffeur-Gewerbe.

  1. Coiffeur-Gewerbe: Einer gelernten Coiffeuse droht bei Annahme eine Lohneinbusse bis zu 400 Franken, einer angelernten Coiffeuse sogar bis zu fast 800 Franken im Monat (bei 12 Monatslöhnen).
  2. Textilreinigung: Rund 80 Prozent der Arbeitnehmenden könnten bis zu 500 Franken im Monat verlieren (bei 13 Monatslöhnen).
  3. Gastgewerbe: Auch vielen Arbeitnehmenden im Gastgewerbe drohen Lohneinbussen von mehreren hundert Franken pro Monat. Einer Ungelernten sogar bis zu 700 Franken (bei 13 Monatslöhnen). 

Angriff auf die Volksrechte und Souveränität der Kantone verhindern

Die Bundesverfassung gewährt den Kantonen Souveränität in der Sozialpolitik, einschliesslich der Festlegung von Mindestlöhnen zur Armutsbekämpfung. Die Motion Ettlin untergräbt diese Kompetenz, obwohl die Kantone die sozialen Kosten tiefer Löhne tragen. Mindestlohnregelungen wurden durch Volksabstimmungen mit breiter demokratischer Legitimation angenommen. Die Motion missachtet daher kantonale Volksrechte und die direkte Demokratie.

National- und Ständerat müssen korrigieren

Die Lohnsenkungen gefährden die Existenzsicherung von Arbeitnehmenden, es gibt mehr Armut trotz Arbeit (Working poor) und es drohen höhere Ausgaben bei der Sozialhilfe bei den Kantonen. Gleichzeitig hebeln sie kantonale Mindestlöhne, die in Volksabstimmungen von der Bevölkerung als sozialpolitische Massnahme beschlossen wurden, in undemokratischer Weise aus. Der Nationalrat muss diese Lohnsenker-Gesetzgebung ablehnen. Die Gewerkschaft Unia kündigt scharfen Widerstand an.