Nationalratskommission will Arbeitnehmer- und Lohnschutz aushöhlen

Die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) hat einer Gesetzesänderung zugestimmt, die der Schwarzarbeit Tür und Tor öffnet. Mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative «Selbstständigkeit ermöglichen, Parteiwillen berücksichtigen» von Jürg Grossen würde die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit und den Lohnschutz in den meisten Branchen praktisch verunmöglicht. Zudem wird die Finanzierung der Sozialversicherungen in Frage gestellt.

Die vorgeschlagene Änderung im Sozialversicherungsgesetz ist das Ergebnis der Lobbyarbeit des Dumping-Konzerns Uber, der damit sein illegales Geschäftsmodell legalisieren will. Neu sollen sogenannte «Parteivereinbarungen» mitentscheidend sein, ob eine Arbeitstätigkeit als selbständig oder unselbständig einzustufen ist. Im Klartext: Wenn ein Arbeitgeber behauptet, seine Angestellten arbeiteten als Selbständige, könnte er sich so aus allen Arbeitgeberpflichten befreien: Er müsste keinen Mindestlohn bezahlen, keine Arbeitszeitregelungen oder Kündigungsfristen einhalten, seine Beschäftigten nicht bei der Unfall- und Arbeitslosenversicherung versichern, keine AHV und zweite Säule bezahlen.

Angriff auf das Schweizer Rechtssystem

Diese Gesetzesänderung würde im Schweizer Rechtssystem für Chaos sorgen: Sie betrifft den Status von Arbeitnehmenden im Zivilrecht, im Arbeitsrecht, bei der AHV, im BVG, in der Arbeitslosen- und Unfallversicherung und im Mitwirkungsgesetz. Schliesslich wären «Parteivereinbarungen» neu auch bei der Entsendung von «Selbständigen» aus dem Ausland ausschlaggebend. Das würde die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit im Entsendebereich und damit den Vollzug der Flankierenden Massnahmen (FlaM) massiv erschweren und dubiösen Geschäftsmodellen einen immensen Wettbewerbsvorteil gegenüber korrekten Firmen verschaffen.

Gewerkschaften, Arbeitgeber und Kantone sind dagegen

Aus diesen Gründen haben sich in der Vernehmlassung nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch zahlreiche Arbeitgeberverbände und die Mehrzahl der Kantone gegen die Gesetzesänderung ausgesprochen. Denn damit würden missbräuchliche Geschäftsmodelle und unlauterer Wettbewerb gefördert sowie die Rechtsunsicherheit erhöht.

Uber gewinnt, alle anderen verlieren

Es gibt eine einzige Firma, die daran ein Interesse hat: Der Konzern Uber, der seit über zehn Jahren mit einem illegalen Geschäftsmodell in der Schweiz operiert. Obwohl das Bundesgericht festgestellt hat, dass die Uber-Fahrer:innen Angestellte von Uber sind, weigert sich das Unternehmen unter Umgehung der Gesetze bis heute, die Fahrer:innen ordentlich zu bezahlen und zu versichern. Dass der Gesetzesvorschlag exakt auf Uber zugeschnitten ist, bestätigen die Aussagen der SUVA und der AHV-Ausgleichskassen, die für die Einstufung von Arbeitsverhältnissen zuständig sind: In über 99 Prozent der Fälle funktioniert die Statusabgrenzung aufgrund der heutigen Kriterien reibungslos und ist unbestritten. Nur Uber hat demnach Probleme mit dem geltenden Recht.

Parlament muss korrigieren

Die Unia erwartet vom Parlament, dass es den unverantwortlichen und knappen Entscheid der SGK-N korrigiert und die Vorlage ablehnt.