Für die Schweiz ist ein geregeltes Verhältnis mit der Europäischen Union wichtig. Die Personenfreizügigkeit und gleiche Rechte für alle Beschäftigten sind von zentraler Bedeutung für die Arbeitnehmenden. Der offene Arbeitsmarkt macht in der Schweiz einen besonders wirksamen Schutz der Löhne notwendig, da das Lohngefälle gegenüber den EU-Ländern sehr gross ist. Mit Unverständnis stellt die Unia heute fest, dass seit dem «Common Understanding» und dem Verhandlungsmandat von 2023 trotz unzähligen Verhandlungsrunden zentrale Fragen weiterhin ungeklärt und offen sind.
Wenn die Schweiz das heutige EU-Spesenrecht übernimmt (Spesen gemäss Herkunftsland), führt das bei den betroffenen Arbeitnehmenden zu massiven Einkommensverlusten, zu Lohndruck bei den übrigen Beschäftigten und zu unfairer Konkurrenzgegenüber den in der Schweiz ansässigen Firmen, die einen klaren Wettbewerbsnachteil hätten. Für Arbeitnehmende, die einen Monat lang am Mittag auswärts essen und pro Woche 200km mit dem Privatwagen fahren, macht dies je nach Branche grosse Beträge aus: Im GAV Gebäudehülle 1253 Franken pro Monat, im Bauhauptgewerbe 900 Franken pro Monat, im GAV Holzbau gar 2661 Franken pro Monat. Bei den Unterkunftsspesen sind heute die realen Kosten geschuldet oder der Arbeitgeber muss eine Unterkunft zur Verfügung stellen. Müssten die Schweizer Spesen nicht mehr bezahlt werden oder viel weniger, dann brauchen die Arbeitnehmenden einen guten Teil ihres Lohnes dafür – oder sie leben dann unter prekärsten Bedingungen auf der Baustelle. Wenn zukünftig eine Kaution nur noch im Wiederholungsfall geleistet werden müsste, verliert diese ihre Präventivwirkung gegen Lohndumping. Hier fehlen wirksame Alternativen. Der Lohnschutz und die Sicherung der Anstellungsbedingungen sind bei einer Gesamtbeurteilung auch im Kontext innenpolitischer Massnahmen zu werten. Leider lehnen die Arbeitgeber bisher aus rein ideologischen Gründen innenpolitische Kompensationsmassnahmen kategorisch ab. Mit dieser Blockadepolitik gefährden sie das Finden von Kompromissen und damit die Verträge.
Aus der Sicht der Arbeitnehmenden sind gute Löhne, gleiche Rechte unabhängig von ihrer Herkunft und die Personenfreizügigkeit zentral. Zusammen mit den europäischen Schwestergewerkschaften setzt sich die Unia für ein demokratisches und soziales Europa ein, in dem gleiche Rechte und Freiheiten für alle Arbeitnehmenden gesichert sind. Dabei ist der finanzielle Beitrag der Schweiz wichtig für die Kohäsion Europas.
Die Verwässerung der Personenfreizügigkeit mit Hürden oder «Schutzklauseln» und die Diskriminierung von Arbeitnehmenden auf Grund ihrer Herkunft bekämpft die Unia vehement!