Krasser Fall von Preis- und Sozialdumping zeigt Notwendigkeit nach griffigeren Massnahmen
Der verurteilte Schweizer Bauunternehmer nutzte die ungenügenden Durchsetzungsmöglichkeiten der Kontrollorgane und gesetzliche Lücken, um ein Lohn-, Sozial- und Preisdumpingsystem aufzubauen. So konnte er während Jahren Arbeitnehmende ausbeuten und sich der Zahlung von Löhnen, Sozialversicherungsbeiträgen und Vorleistungen entziehen. Dabei bediente er sich sogenannter Kettenkonkurse und profitierte davon, dass die Kontrollinstanzen nur ungenügende Mittel besitzen, um bei offensichtlichen Verfehlungen sofort zu intervenieren. So konnten die Verfehlungen zwar aufgedeckt, aber das Unwesen nicht gestoppt werden.
Menschenhandel zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft ist ein Verbrechen
Menschenhandel ist moderne Sklaverei und durch das Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt. Undurchsichtige Subunternehmerketten Angst und Isolation der Opfer begünstigen diese Form der Ausbeutung. Dazu kommt der Mangel an Sensibilisierung, an angemessenen Kontrollen und systematischer Strafverfolgung durch die Behörden. Opfer und Zeug:innen müssen ab dem ersten Verdacht bis nach dem Strafverfahren wirksam geschützt werden. Dazu benötigen sie einen geregelten Aufenthaltsstatus und den Schutz ihrer Identität.
Neues Konkursgesetz ist ein erster Schritt. Verbesserungen sind weiterhin notwendig
Dieses Jahr trat das Bundesgesetz über die Bekämpfung missbräuchlicher Konkurse in Kraft. Die Unia hat das Gesetz massgeblich mitangestossen. Dass die Verschärfungen notwendig sind, zeigen die Zahlen für 2021. Die Suva hat 2800 Verdachtsfälle registriert - ein neuer Rekord mit steigender Tendenz. Der Schaden für die Sozialversicherungen geht in die Millionen. Das neue Gesetz sieht vor, dass Konkursämter leichter eingreifen und die Handelsregisterämter bei Verdacht Einträge erschweren können. Damit diese Massnahamen in der Praxis eine präventive Wirkung entfalten, ist eine zentralisierte Datenbank vorgesehen. Zurzeit läuft die Vernehmlassung zu den entsprechenden Verordnungen. In diesem Prozess ist es wichtig, dass das Gesetz nicht weiter verwässert wird. Denn was weiterhin fehlt, sind wirksame Massnahmen, damit Gläubiger ihre Ansprüche zeitnah geltend machen können.
Eine gesetzliche Grundlage für Arbeitsunterbrüche ist notwendig
Damit die Kontrollorgane bei offensichtlichen Verfehlungen die Arbeitnehmenden und die Gläubiger schützen können, müssen sie eine sofortige Einstellung der Arbeit verfügen können. Ein juristischer Prozess viele Jahre später schützt weder Gläubiger noch Arbeitnehmende. Genf hat nun als erster Kanton dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Bei einer Arbeitsunterbrechung hat das Bauunternehmen drei Tage Zeit, um die Verfehlungen zu beheben. Das zuständige Amt für Arbeitsbeziehungen und Inspektionen (OCIRT) kann den Arbeitsunterbruch auch verlängern, wenn dies notwendig ist. Eine solche gesetzliche Grundlage auf nationaler Ebene ist für die präventive Wirkung gegen kriminelle Machenschaften auf Schweizer Baustellen notwendig. Es würde nicht nur die Arbeitnehmenden besser schützen, sondern auch den fairen Wettbewerb, der durch Preis- und Lohndumping in der Schweizer Bauwirtschaft bedroht ist.
Ausbau statt Abbau bei den Flankierenden Massnahmen
Der Schweizer Bauunternehmer ist aufgeflogen, weil in der Schweiz ein wirksames Kontrollsystem existiert. Die Sozialpartner haben Hinweise weitergeleitet, die paritätische Kommission hat die notwendigen Kontrollen durchgeführt. Das zeigt auch, wie verantwortungslos und falsch es wäre, die Lohnschutzmassnahmen zu schwächen. Es braucht vielmehr einen Ausbau, um fehlbare Unternehmer mit krimineller Energie zur Rechenschaft zu ziehen.