Die Stimmbevölkerung hatte 2022 äussert knapp mit 50,55 Prozent das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre erhöht. Im Abstimmungskampf schürten die Befürworter die Angst vor einem bevorstehenden AHV-Kollaps und begründeten dies mit den Prognosen des Bundes. Berechnungen, die sich diesen Sommer als falsch herausstellten. Das Bundesamt für Sozialversicherungen hatte die AHV-Ausgaben um mehrere Milliarden Franken zu hoch berechnet. Als der Irrtum bekannt wurden, war die Wut in der Schweizer Bevölkerung riesig.
Obwohl Frauen ein Fünftel weniger Lohn und ein Drittel tiefere Renten erhalten, wollten 64 Prozent der Männer das Frauenrentenalter erhöhen. Die Frauen hingegen waren mehrheitlich dagegen. Ebenso stimmte die französische Schweiz gegen die Abbau-Vorlage. Noch nie war der Geschlechtergraben bei Abstimmungen grösser gewesen.
Die falschen AHV-Prognosen hatten einen entscheidenden Einfluss auf die Meinungsbildung. Trotzdem gewichtet das Bundesgericht die Rechtssicherheit höher als die ungenügende Rentensituation der Frauen. Mit der Rentenaltererhöhung wurde einseitig auf Rücken der Frauen gespart, die bereits tiefere Renten haben.
«Diese Entscheidung ist ein schwerer Schlag für die Frauen in der Schweiz. Denn Tatsache bleibt: Frauen werden um ein ganzes Jahr Rente betrogen. Und das in einem System, das sie ohnehin schon benachteiligt… Es braucht Lösungen, welche die Frauenrenten substantiell verbessern. Dafür werden wir uns als Gewerkschaften, aber auch in Bündnissen mit allen Verbündeten weiterhin engagieren», so Vania Alleva, Präsidentin der Unia in ihrer Rede vor dem Bundesgericht.
Die Unia ist vom mutlosen Entscheid des Gerichts enttäuscht. Nun fordern wir Politik und Arbeitgeberverbände auf, den Frauen endlich gerechte Löhne zu bezahlen, die unbezahlte Sorgearbeit im ganzen Sozialversicherungssystem zu anerkennen und die grosse Rentenlücke zu schliessen.