Mit EFAS würden künftig die Krankenkassen die Milliardenbeträge der Kantone für Spitalbehandlungen erhalten und verteilen. Dadurch sollen erstens "ambulanten Behandlungen gefördert" und zweitens "Fehlanreize beseitigt" werden. Beides wäre zwar richtig – wenn von der öffentlichen Hand gesteuert –, doch beides hat mit EFAS nicht viel zu tun: Die Tatsache, dass die gleiche Rechnung künftig von einer anderen Stelle bezahlt wird, hat auf die Wahl der Behandlungsart keinen entscheidenden Effekt. Und solange die Tarifsysteme nicht angetastet werden, bleiben auch die wesentlichen Fehlanreize bestehen. Gestärkt würde hingegen die Macht der Versicherer und die Profitmacherei zulasten der Grundversicherung.
Besonders unverständlich: Die Räte sind sich einig, auch die Langzeitpflege in die Vorlage aufzunehmen. Konkret bedeutet das für diesen Bereich, dass einerseits die Finanzierungsverantwortung der Kantone und andererseits die geltende Prämiendeckelung ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen würden. Die Folgen: Der Druck für Einsparungen auf Kosten des Pflegepersonals und der Versorgungsqualität wäre noch ungleich höher als heute schon. Dabei sollte es mit der seit mehr als zwei Jahren hängigen Umsetzung der Pflegeinitiative genau in die entgegengesetzte Richtung gehen. EFAS ist in dem Sinne ein Verrat an der Stimmbevölkerung.
Der vor über einem Jahr aufgedeckte Skandal über die unhaltbaren Zustände in den Hunderten von Pflegeheimen der privaten Orpea-Gruppe in Frankreich und Deutschland zeigte in erschreckender Weise auf, wohin es führt, wenn die öffentliche Hand diesen essenziellen Versorgungsbereich dem Markt überlässt. Die in der Schweiz seit über 10 Jahre geltende Konkurrenzlogik in der Finanzierung des Gesundheitswesens hat bereits zu Genüge negative Spuren hinterlassen – mit einem Spardruck, der insbesondere das Pflegepersonal in die chronische Erschöpfung drängt.
Für die Prämienzahlenden hat die Streichung des heute gedeckelten Beitrags in der Langzeitpflege mittelfristig verheerende Auswirkungen: Sie müssten sich neu dynamisch auch an den Kosten des am stärksten wachsenden Versorgungsbereichs beteiligen. Dies war die eiserne Bedingung der Kantone für ihr Ja zu EFAS – eisern und eiskalt zu Lasten der Prämienzahlenden. Weiter völlig unverständlich: Bis jetzt hält der Nationalrat hält an seiner Version fest, den Privatspitälern im Rahmen von EFAS ein Geschenk von 30 Prozent zusätzlicher Prämienfinanzierung zu machen. Während die öffentlichen Spitäler unterfinanziert sind, sollen also Privatkliniken von noch mehr Prämiengeldern profitieren, welche ganz direkt auch in die Taschen ihrer AktionärInnen fliessen würden. Das ist absolut nicht hinnehmbar und ein weiterer Affront gegenüber den Haushalten mit tiefen und mittleren Einkommen. Fazit: Als Verbände des Pflegepersonals sind wir – VPOD, Unia und Syna – äusserst besorgt über die im Parlament weit fortgeschrittene Behandlung von EFAS. Die Tatsache, dass an dieser KVG-Revision bereits seit 14 Jahren gearbeitet wird bedeutet leider keineswegs, dass die Vorlage nun ausgereift wäre und zu einem Abschluss gebracht werden muss. Im Gegenteil: EFAS ist falsch und gefährlich – für das Pflegepersonal, für die Versorgungsqualität und für die Prämienzahlenden. Diese Reform muss deshalb unbedingt verhindert werden.
Gemeinsame Medienmitteilung der Gewerkschaften VPOD, Unia und Syna