Arbeitskräftemangel und rückständige Arbeitsbedingungen gefährden die Energiewende
Heute Morgen hat die Gewerkschaft Unia anlässlich einer Pressekonferenz in Bern Alarm geschlagen: Wenn nichts unternommen wird, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, können die Klimaziele der Schweiz nicht eingehalten werden. Peppina Beeli, Unia-Expertin für Klima- und Energiefragen, untermauerte dies mit Zahlen und stellte fest: «In der Schweiz sind die Gebäude für 44 Prozent des Energieverbrauchs und ein Drittel der Co2-Emissionen verantwortlich. Finanzielle Mittel stehen glücklicherweise bereit, die Herausforderungen sind jedoch riesig und es müssen viele Arbeitsplätze geschaffen werden, um den Problemen zu begegnen». Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) schätzt, dass für die Sanierung von Gebäuden, den Ersatz von Heizungsanlagen und die Installation von Solaranlagen bis zu 87'000 Arbeitsplätze benötigt werden.
Alarmierender Arbeitskräftemangel
Laut Unia sind momentan die Voraussetzungen nicht erfüllt, damit die Schweiz ihr Ziel von Netto-Null Treibhausgasemissionen erreichen kann. Bruna Campanello, Co-Leiterin des Gewerbesektors und Mitglied der Geschäftsleitung der Unia, betont: «Wo Beschäftigungspotenzial besteht, braucht es auch qualifizierte Arbeitskräfte. Heute herrscht ein alarmierender Mangel an Arbeitskräften in den Schlüsselbranchen des ökologischen Wandels, nämlich in der Gebäudetechnik und im Elektrogewerbe. Es fehlt an Arbeitskräften.» Mehrere Studien bestätigen, wie ernst die Lage ist. Es fehlt einerseits an Lernenden, andererseits kehren viele Berufsleute der Branche den Rücken, ohne dass die Abgänge kompensiert werden können. Die Arbeitgeberverbände Suissetec (Gebäudetechnik) und EIT.swiss (Elektrogewerbe) versuchen mit teuren Werbekampagnen eine Trendwende herbeizuführen, das wird aber nicht ausreichen. Die Arbeitsbedingungen müssen besser werden.
Es braucht rasch substanziell bessere Arbeitsbedingungen
Eine Umfrage der Unia bei 2'000 Elektriker:innen hat ergeben, dass ein erhöhtes Arbeitsvolumen und ein Personalmangel nicht miteinander vereinbar sind. Über 44 Prozent der befragten Arbeitnehmenden wollen die Branche verlassen oder haben dies bereits erwägt. Sie leiden unter überlangen Arbeitstagen und Stress aufgrund der kurzen Fristen. Die Folge sind psychische und physische Belastungen, und dies in Berufszweigen, wo die Löhne hinterherhinken.
Elektroinstallateur:innen erhalten nach der Lehre einen Lohn von 4’500 Franken pro Monat. Gebäudetechniker:innen verdienen 4’100 Franken pro Monat, während der Lohn von Maurern unmittelbar nach Abschluss des EFZ 5800 Franken beträgt.
Die Gewerkschaft Unia hat das Problem in den Verhandlungen zur Sprache gebracht, denn die Erneuerung der Gesamtarbeitsverträge im Elektrogewerbe und in der Gebäudetechnik steht an. Aldo Ferrari, Mitglied der nationalen Co-Leitung des Gewerbesektors der Unia, ergänzt: «Im jetzigen Stadium der Verhandlungen beschränkt sich die Antwort der Arbeitgeberverbände darauf, die Arbeitszeiten übermässig zu flexibilisieren. Das ist inakzeptabel. Die Berufe müssen aufgewertet werden, nicht umgekehrt.»
Aus diesem Grund fordert die Unia eine dringende Erhöhung der Löhe, die Einführung der Frühpensionierung analog den anderen Branchen im Baugewerbe, kürzere Arbeitstage, die Anrechnung von Geschäftsfahrten als Arbeitszeit sowie weitere Massnahmen, die die Gesundheit und Sicherheit auf den Baustellen betreffen.
Alle diese Massnahmen sollen die Berufe attraktiver machen. « Nur mit einer Aufwertung wird es gelingen, dem Arbeitskräftemangel entgegenzutreten. Wir müssen jetzt handeln, für die Zukunft der Berufsleute und für das Klima. Alle werden davon profitieren», meint Aldo Ferrari abschliessend. Auf allen Baustellen des Landes führt die Gewerkschaft zur Bekräftigung der Forderungen eine Petition durch. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben bereits beschlossen, im Herbst in Zürich eine Grossdemonstration durchzuführen.