Lohnschere-Studie 2021 der Gewerkschaft Unia
In ihrer jährlichen Lohnschere-Studie untersucht die Gewerkschaft Unia 37 Unternehmen, die grosse Mehrheit davon börsenkotiert. Es zeigt sich: Während die Corona-Krise viele Arbeitnehmende infolge Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit in existenzielle Nöte bringt, langten die CEO und Aktionär:innen bei den Löhnen und Vergütungen auch 2020 schamlos zu.
Lohnschere weit offen
Die Lohnschere bleibt auf sehr hohem Niveau weit offen. Das Verhältnis zwischen dem tiefsten und höchsten Lohn in einem Unternehmen lag 2020 im gesamtschweizerischen Schnitt bei 1:137. Den grössten Unterschied gab es wiederum beim Pharmariesen Roche: Das Gehalt von CEO Severin Schwan von 14,6 Millionen stand in einem Verhältnis von 1:298 zum tiefst möglichen Roche-Lohn in der Schweiz. Heisst: Eine bei Roche angestellte Person müsste 298 Jahre arbeiten, um das Jahresgehalt von Schwan zu erreichen.
Top-Saläre vs. Tieflöhne
Neben Severin Schwan von Roche erhielten 2020 drei weitere CEO mehr als 10 Millionen Franken: Sergio P. Ermotti von der UBS (13,3 Millionen), Ulf Mark Schneider von Nestlé (10,7 Millionen) sowie Vasant Narasimhan von Novartis (10,4 Millionen).
Die tiefsten Löhne in den untersuchten Konzernen betrugen im Median 3939 Franken (x13 Monate), d.h. in der Hälfte der Unternehmen lag der tiefste Lohn unter 4000 Franken. Diese Tieflöhne reichen kaum zum Leben.
Mehr Lohn für die CEO trotz Verlusten
Gewisse Firmen schrecken selbst dann nicht vor Lohnerhöhungen für ihre CEO zurück, wenn sie Verluste einfahren: Beim Pharma-Unternehmen Alcon stieg der Höchstlohn gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent auf 7,6 Millionen Franken, trotz Verlusten in der Höhe von 498 Millionen Franken. Bei Swiss Re betrug der Top-Lohn letztes Jahr 6,1 Millionen Franken, obwohl das Unternehmen 823 Millionen Franken Verluste machte und 14,3 Prozent aller Stellen abbaute.
Mehr Dividendenausschüttung
Aber nicht nur die Geschäftsleitungen profitierten, sondern in hohem Masse auch das Aktionariat. Die Dividendenauszahlungen an die Aktionär:innen stiegen im Krisenjahr 2020 um rund 5 Prozent. Das Total der Auszahlungen (Dividenden und Aktienrückkäufe) bei den 32 untersuchten Unternehmen belief sich auf 60,6 Milliarden Franken. Von denen waren allein zehn Konzerne für 83 Prozent der Gesamtausschüttung verantwortlich. Insbesondere Nestlé, Roche und Novartis zahlten exorbitante 33,1 Milliarden Franken an ihre Aktionär:innen aus.
Mehr Geld für die Aktionär:innen als fürs Personal
Während CEO und Aktionär:innen absahnten, sank der Personalaufwand gegenüber dem Vorjahr um rund 5 Prozent. Von den totalen Auszahlungen erhielten die 1,3 Millionen Mitarbeitenden der untersuchten Firmen bloss 67 Prozent. Die Aktionär:innen sackten ganze 33 Prozent ein.
Die Unternehmen EMS Chemie, Partners Group, Swiss Re und Nestlé zahlten 2020 gar mehr Geld an die Aktionär:innen als an die Mitarbeitenden. Spitzenreiterin ist dabei wiederum die EMS Chemie: Die Aktionär:innen erhielten 468 Millionen Franken (+ 6 Millionen) und somit 69 Prozent. Allein die Blocher-Töchter sackten fast 49 Prozent ein – dies ist mehr als der gesamte Personalaufwand, welcher bei 31 Prozent lag.
Dividenden trotz Kurzarbeit
14 der untersuchten Konzerne nahmen 2020 staatliche Kurzarbeitsentschädigung in Anspruch und schütteten gleichzeitig Dividenden aus, zusammen total 8,2 Milliarden Franken. An den Generalversammlungen anfangs 2021 wurden oft gleichbleibende oder sogar höhere Dividenden beschlossen. Gleichzeitig haben Lindt & Sprüngli sowie Straumann im Jahr 2020 Stellen abgebaut und Schindler hat Entlassungen angekündigt.
Im Corona-Jahr 2020 wurden insgesamt 360,5 Millionen Stunden Kurzarbeit abgerechnet, insbesondere in Gastronomie, Beherbergung und Detailhandel – alles Branchen mit sehr niedrigen Löhnen. Rund 35 Prozent der Beschäftigten in der Gastronomie und Beherbergung waren von Kurzarbeit betroffen. Da Beschäftigte in Kurzarbeit meist nur 80 Prozent des Lohnes erhielten, brachte dies viele Arbeitnehmende in eine äusserst prekäre finanzielle Lage.