Lohnstrukturerhebung: Bau rückläufig, keine Anpassung bei Frauenlöhnen

Die gesamtwirtschaftlichen Medianlöhne sind zwischen 2014 und 2016 um 1.2 Prozent gestiegen. Die positive Entwicklung bei den Löhnen in der Gesamtwirtschaft täuscht aber nicht darüber hinweg, dass das Tempo bei der Anpassung der Frauenlöhne viel zu langsam ist. Und: Die Löhne im Baugewerbe sind trotz florierender Bautätigkeit gesunken.

Die Gewerkschaft Unia deutet den gesamtwirtschaftlichen Lohnzuwachs um 1.2 Prozent grundsätzlich als positiv – dies zeigt, dass der gewerkschaftliche Druck grössere Lohneinbussen verhindern konnte. In den Industriebranchen sind die Medianlöhne um 1.4 Prozent und im Dienstleistungssektor um 0.7 Prozent gestiegen. Ein relativ grösseres Wachstum gab es im Gesundheitswesen (1.2 Prozent), in der chemischen Industrie (1.1 Prozent) und in der Pharmaindustrie (1.5 Prozent). Nur geringfügig gewachsen sind die Medianlöhne im Detailhandel (0.8 Prozent). Eine Stagnation der Löhne gab es in der Lebens- und Getränkeindustrie, beim Maschinenbau und im Gastgewerbe.

Schneckentempo bei Erhöhung der Frauenlöhne

Die positive Entwicklung in der Gesamtwirtschaft sowie der Rückgang bei den Tieflöhnen hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack: Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ging in der Gesamtwirtschaft um minime 0.5 Prozent zurück. Das ist viel zu wenig. Bei den Löhnen bewegt sich die Gleichstellung der Geschlechter weiterhin im Schneckentempo.

«Das ist inakzeptabel», so Corinne Schärer, Geschäftsleitungsmitglied der Unia. Sie fordert «systematische und verbindliche Lohnkontrollen sowie hohe Bussen, sollte ein Betrieb das Gesetz missachten.» Die Unia appelliert an die vorberatende Kommission des Ständerates, die heute das Gleichstellungsgesetz berät, dem Missstand bei den Frauenlöhnen zügig und konsequent den Riegel zu schieben.

Verfehlte Lohnpolitik im Baugewerbe

Die vergangenen Jahre zeichneten sich durch eine erstarkte Baukonjunktur aus. Dies dank den Bauarbeitern, die tagtäglich bei Wind und Wetter draussen arbeiten. Gestiegen ist für sie aber nur der Druck und das Arbeitstempo – eine Lohnerhöhung haben sie nicht erhalten. Im Gegenteil: Die Löhne im Baugewerbe sind im Hochbau um 0.9 Prozent und im Tiefbau um 1.4 Prozent gesunken.

Für Nico Lutz, Geschäftsleitungsmitglied der Unia, ist klar: «Dies ist die bittere Konsequenz einer verfehlten Lohnpolitik des Baumeisterverbandes. Seit vier Jahren verweigert er eine generelle Lohnerhöhung. Kein Wunder, leidet die Baubranche unter einem Fachkräftemangel und schafft sie es kaum, Junge für die Arbeit in der Baubranche zu motivieren.» Die Unia fordert für die Bauarbeiter eine generelle Lohnerhöhung von 150 Franken.

Mehr als 50% der Angestellten bekommen weniger als 5‘000 Lohn

Die vom Bundesamt für Statistik (BfS) kommunizierten 6‘502 Monatslohn dürfen nicht davon ablenken, dass die Realität vieler Angestellten anders aussieht: Das BfS rechnet die Löhne der Teilzeitbeschäftigten (37%) auf einen Lohn bei Vollzeitbeschäftigung hoch. Daher überschätzt der Medianlohn die effektiv ausbezahlten Löhne. Das heisst: Über 50% aller Angestellten in der Schweiz bekommen monatlich immer noch weniger als 5‘000 Franken, bei den Frauen beträgt dieser Anteil sogar 70%. Die Unia fordert deshalb mehr Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit angemessenen Löhnen, die für eine faire Lohnverteilung im Sinne der Angestellten sorgen.