Gemäss einer neuen Umfrage gaben mindestens 59 Prozent der arbeitenden Frauen und 46 Prozent der arbeitenden Männer in Schweiz an, im bisherigen Erwerbsleben sexistische oder sexuelle Verhaltensweisen erlebt zu haben. Diese alarmierenden Zahlen decken sich mit den Berichten, die die Unia täglich erhält. Die Unia-Umfragen in Bauberufen, im Gastgewerbe und unter Lernenden bestätigen diese Zahlen. Sexualisierte Gewalt betrifft alle Arbeitsplätze – besonders aber Branchen mit häufigem Kundenkontakt, wie im Gastgewerbe, im Detailhandel oder im Gesundheitswesen sowie in Branchen mit grosser Männermehrheit.
Sexualisierte Gewalt ist Machtmissbrauch und trifft vor allem Frauen, junge Berufstätige, Lernende und dabei besonders Arbeitnehmerinnen in prekären Situationen. Die Taten werden meist von Männern begangen. Arbeitgeber ignorieren ihre gesetzliche Fürsorgepflicht und vernachlässigen den Schutz derjenigen, die am stärksten gefährdet sind. Besonders in kleinen Unternehmen besteht Handlungsbedarf: In jedem fünften Betrieb fehlen Präventions- und Interventionsmassnahmen.
Die Politik muss darum die Arbeitgeber endlich in die Pflicht nehmen. Die Arbeitgeber sind schlecht informiert und schützen Arbeitnehmende ungenügend. Deswegen braucht es dringend eindeutige Vorschriften, darunter:
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) verabschiedete 2019 das Übereinkommen 190 gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz. 45 Länder, darunter alle Nachbarstaaten, haben das Übereinkommen ratifiziert. In der Schweiz dagegen blockiert das Parlament die Ratifikation, obwohl Bundesrat, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände dafür sind. Die Ratifizierung ist daher ein wichtiger und notwendiger Schritt, der nun rasch erfolgen soll.