Toblerone-Fabrik: Mondelez will Reallohnsenkung durchdrücken
Es war die wohl kürzeste Verhandlungsrunde, die die Schweiz in diesem Jahr gesehen hat: In den Lohngesprächen am Montag verliess die Verhandlungsdelegation von Mondelez nach nur elf Minuten den Raum und liess die anwesenden Beschäftigten wütend zurück.
In der kurzen Zeit teilte die Unternehmensvertretung mit, dass der Konzern beschlossen habe, die Lohnverhandlungen einseitig zu beenden. Weitere Gespräche mit den Arbeiterinnen und Arbeitern sehe der Konzern als nicht mehr nötig an. Mondelez wolle nun eine individuelle – also willkürlich verteilte – Lohnerhöhung von durchschnittlich 1,8% zahlen.
Senkung der Reallöhne
Angesichts der hohen Teuerung bedeutet das Angebot von Mondelez eine deutliche Senkung der Reallöhne. Die Teuerung lag im vergangenen Jahr bei 2,8%. In den ersten drei Monaten 2023 lag sie im Vergleich zum Vorjahresmonat teilweise bei deutlich über 3%. Und da sind die Krankenkassenprämien noch nicht eingerechnet, die im Schnitt um über 6% gestiegen sind.
Die Reallohnsenkung bei Mondelez ist zum jetzigen Zeitpunkt speziell respektlos. Die Beschäftigten in der Toblerone-Fabrik mussten kürzlich auf ein Vier-Schicht-System und die 24/7-Produktion umstellen und haben damit eine deutliche Mehrbelastungen zu tragen.
Verhandlungen in Bern-Brünnen von Anfang an harzig
Dem abstrusen Auftritt der Mondelez-Delegation vom Montag gingen drei Verhandlungsrunden voraus. Am 3. März verweigerte Mondelez jedes Angebot. In der zweiten Gesprächsrunde bot das Unternehmen eine individuelle Erhöhung von 1,2% an. Nach wütenden Reaktionen im Betrieb wurden es in der dritten Runde dann 1,5%. Die jetzige Erhöhung des Angebots auf 1,8% ist das Resultat eines weiteren Protests, bei dem Arbeiterinnen und Arbeiter die Werksleitung vor den Toren minutenlang auspfiffen.
Beschäftigte fordern neue Verhandlungsrunde
Den Versuch, die Belegschaft mit einem minimalen Angebot abzuspeisen, nehmen die Beschäftigten als Affront wahr. Die ersten Reaktionen reichen von «Frechheit» bis zum Ruf nach weitergehenden Protestaktionen.
Unia-Verhandlungsleiter Johannes Supe sagt dazu: «Es ist schon ein starkes Stück, dass eine Unternehmensdelegation ihre Beschäftigten einfach stehen lässt und wegläuft. Daran merkt man, wie wenig die Arbeiterinnen und Arbeiter dem Konzern wert sind.»
Die Belegschaft und ihre Gewerkschaft Unia sind weiterhin gesprächsbereit. Sie haben dem Konzern bereits eine Einladung zu einer weiteren Verhandlungsrunde am nächsten Montag geschickt und erwarten die Teilnahme von Mondelez.
Mondelez zahlt Milliarden an die Aktionäre
Der Konzern konnte 2022 einen Reingewinn von 2,7 Milliarden US-Dollar ausweisen und zahlte gleichzeitig die Summe von 4 Milliarden Dollar an die Aktionäre aus.