Bau steht still: 700 Bauarbeiter versammeln sich auf der Berner Bahnhofbaustelle
Seit heute Morgen steht Bern still: 700 Bauarbeiter haben ihre Arbeit niedergelegt und versammeln sich auf der zentralen Baustelle am Berner Bahnhof. Dies ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte der Schweiz. Die Bauarbeiter protestieren gegen den massiven Angriff des Baumeisterverbandes auf ihren Gesamtarbeitsvertrag und die Rente mit 60. «Die Baumeister wollen den 12-Stundentag zur Norm machen. Das ist ein direkter Angriff auf die Gesundheit der Bauarbeiter», hält Stefan Wüthrich, Leiter der Unia Einheit Bern/Oberaargau-Emmental, fest. Am Mittag werden die Bauarbeiter in einem Demonstrationszug durch die Stadt Bern ziehen.
Eine Lösung ist zum Greifen nah
Für die Sicherung der Rente mit 60 braucht es eine moderate Beitragserhöhung. Die Bauarbeiter sind bereit diese zu übernehmen, wenn sie dafür eine anständige Lohnerhöhung von 100 bis 150 Franken erhalten. Nach vier Jahren Stillstand bei den Löhnen ist diese überfällig. Die Baumeister sind aber nur zu dieser Lösung bereit, wenn die Gewerkschaften einen massiven Einschnitt beim Landesmantelvertrag akzeptieren. Dies ist reine Erpressung. «Die Gewerkschaften wollen eine Lösung, werden aber keiner Verschlechterung im Landesmantelvertrag zustimmen,» sagt Guido Schluep, Branchenleiter Bau der Gewerkschaft Syna. Nächste Woche geht es mit Protestaktionen in der Waadt und in der restlichen Deutschschweiz weiter.
Worum es im Baukonflikt geht
Ende Jahr läuft der Landesmantelvertrag für das Bauhauptgewerbe (LMV) aus. Und für die Sicherung der Rente mit 60 braucht es zeitlich befristet zusätzliche Massnahmen. Zuerst hat sich der Schweizerische Baumeisterverband neun Monate lang geweigert, mit den Sozialpartnern über die Sicherung der Rente mit 60 zu verhandeln. Er hat so eine Lösung unnötig verzögert. 18‘000 Bauarbeiter an der grossen Bau-Demo im Juni 2018 haben den Baumeisterverband zum Umdenken gebracht: Seit August 2018 wird verhandelt, eine Lösung liegt auf dem Tisch: Die Rente mit 60 bleibt, die Bauarbeiter übernehmen die Kosten der Sanierung, wenn im Gegenzug der Baumeisterverband eine anständige Lohnerhöhung zahlt.
Aber: Der Baumeisterverband erpresst nun die Bauarbeiter. Er ist nur bereit, diese Lösung umzusetzen, wenn die Gewerkschaften einem Kahlschlag im Landesmantelvertrag zustimmen: Bereits heute dauern die Arbeitstage der Bauarbeiter im Sommer bisweilen 12 Stunden. Die Gesundheit der Bauarbeiter leidet. Mit dem Vorschlag des Baumeisterverbandes müssten die Bauarbeiter von März bis Dezember immer Arbeitstage von bis zu 12 Stunden haben.
Das ist ein Angriff auf die Gesundheit der Bauarbeiter. Zudem führen die Forderungen des Baumeisterverbandes zu massiven Lohnsenkungen bei älteren Bauarbeitern und Lohndumping durch ausländische Firmen. Nun haben die Bauarbeiter genug: Sie kämpfen mit Protestaktionen in der ganzen Schweiz für ihren Vertrag und die Sicherung der Rente mit 60. Die Protesttage auf dem Bau haben Mitte Oktober begonnen. 3000 Bauarbeiter protestierten in Bellinzona. In Genf haben je 2500 Bauarbeiter während zwei Tagen ihre Arbeit niedergelegt. In den Kantonen Fribourg, Wallis, Neuenburg und Jura protestierten über 1500 Bauarbeiter. Die Protestaktionen in den anderen Regionen finden nächste Woche statt.
Medienmitteilung der Gewerkschaften Unia und Syna