Novartis will Konsultationsverfahren nur als Alibi-Übung durchführen
Mit der Ankündigung, erneut eine Massenentlassung vornehmen zu wollen, schuf Novartis Mitte des Jahres Unruhe in der Belegschaft. Seitdem hat der Konzern wenig getan, die Bedenken der Beschäftigten auszuräumen. Die Gewerkschaften Unia und Syna informierte Novartis nicht vorab, obwohl beide Verbände Mitglieder in den betroffenen Unternehmensteilen repräsentieren. Erst auf Initiative der Gewerkschaften sagte der Konzern ein Treffen zu.
Obwohl beide Verbände sich bereits im Juli meldeten, zögerte Novartis das Treffen bis Mitte September hinaus. Die Gespräche beendete der Konzern ergebnislos. Yves Defferrard, Sektorleiter Industrie der Unia, erklärt dazu: «Das Verhalten von Novartis ist inakzeptabel. Anstatt alle Verbände an einen Tisch zu holen und nach Alternativen zu suchen, will Novartis sein Vorhaben einfach durchsetzen. Offenbar ist Novartis nicht daran interessiert, die beste Lösung für seine Beschäftigten zu finden.»
Bedenklich ist, dass das Ergebnis des Konsultationsverfahrens für Novartis bereits festzustehen scheint. Im Gespräch mit den Gewerkschaften wurde deutlich, dass der Konzern den zugrunde liegenden Entscheid – Fusion von Onkologie und Pharma – nicht auf den Prüfstand stellen will. Stattdessen soll der Entscheid ausgeführt werden, lediglich einige Auswüchse will das Unternehmen noch korrigieren. Ein wirkliches Konsultationsverfahren, wie es gesetzlich vorgesehen ist, müsste demgegenüber prüfen, ob der Unternehmensentscheid korrekt ist und ob es nicht Alternativen zu ihm gibt.
Die ganze Belegschaft muss einbezogen werden
Die Gewerkschaften Unia und Syna fordern Novartis zur Durchführung eines wirklichen Konsultationsverfahrens unter Beizug aller Verbände und der Beschäftigten auf. In der Vergangenheit konnten Gewerkschaften und Beschäftigte so Stellen retten – auch bei Novartis, wie die verhinderte Schliessung des Standorts Nyon 2011 zeigt. Der Schlüssel dafür ist es, das Fachwissen der ganzen Belegschaft zu nutzen und Unternehmensentscheide zu hinterfragen.
In Arbeitsgruppen organisiert können die Beschäftigten alternative Konzepte für die Entwicklung des Unternehmens und den Erhalt ihrer Stellen entwerfen. Unia-Sektorleiter Yves Defferrard sagt: «Es geht um die Arbeitsplätze der Kolleginnen und Kollegen. Das Mindeste ist nun, sie wirklich einzubeziehen. Die Belegschaft hat das dafür nötige Knowhow. Und sie hat auch die Kreativität, bessere Wege zu finden, als die sinnlose Vernichtung von 1400 Arbeitsplätzen.»
Corina Thomann, Zentralsekretärin der Gewerkschaft Syna, erklärt: «Durch die immer wiederkehrenden Massenentlassungen in den letzten 10 Jahren verliert der Standort Schweiz für den Konzern Novartis weiter an Bedeutung. Die Schweizer Wirtschaft verliert bei jeder Massenentlassung gute Fachkräfte und wichtiges Knowhow.
So darf es nicht weitergehen! Anhand der jetzigen Massenentlassung stellt sich die Frage, ob sich Novartis sogar mittelfristig aus der Schweiz verabschiedet». Die Gewerkschaften Unia und Syna fordern, dass sich Novartis zum Standort Schweiz bekennt und mehr in Weiterbildungen und den Erhalt des Knowhows investiert, anstatt weitere Auslagerungen ins Ausland zu forcieren.
Novartis will Gewerkschaften draussen halten
Vertreter des Konzerns erklärten, dass Novartis nicht zu Verhandlungen mit den Gewerkschaften bereit ist. Stattdessen will das Unternehmen einzig mit der internen Personalvertretung verhandeln, die ihrerseits keinen Druck auf Novartis ausüben kann. Dazu sagt Johannes Supe, Branchenverantwortlicher Chemie / Pharma der Unia: «Wie viele andere Konzerne versucht auch Novartis, die Gewerkschaften draussen zu halten. An einer starken Repräsentation der Beschäftigten hat das Unternehmen kein Interesse. Novartis will diktieren, nicht verhandeln.»
Novartis verdreifachte 2021 seinen Reingewinn auf 24 Milliarden Franken. Ein Teil des gestiegenen Gewinns erklärt sich durch einen Aktienrückkauf von Roche. Auch ohne diese Zusatzgewinne schreibt der Konzern Milliardengewinne. Dennoch kündigte er in diesem Jahr an, abermals rund 1,5 Milliarden Franken auf Kosten seiner Beschäftigten einsparen zu wollen. Diese will der Konzern erzwingen, indem er die Bereiche Pharma und Onkologie zusammenlegt. Weltweit sollen rund 8000 Arbeitsplätze vernichtet werden.