1. Mai 2020: Solidarisch aus der Krise
«Mein Chef hat den Betrieb geschlossen und ich bekomme seither 80 Prozent Kurzarbeitsentschädigung. Jetzt hat er mir trotzdem gekündigt. Wie kann ich mich wehren?». – «Mein Vater ist 64 Jahre alt und temporär angestellt. Sein Arzt hat ihm ein Zeugnis ausgestellt. Jetzt haben die ihm telefonisch per sofort gekündigt. Dürfen die das?» – «Ich arbeite in einer kleinen Werkstatt und meine Frau gehört zu einer Risikogruppe. Ich habe Angst, denn mein Chef schneuzt in sein Stofftaschentuch und putzt dann damit Tische, Werkzeuge und Fahrräder. Was kann ich tun?»
Corona-Krise trifft Arbeitnehmende hart
Diese Beispiele aus der Corona-Beratungshotline der Unia zeigen stellvertretend für zehntausende weitere auf, wen die Auswirkungen der Corona-Krise besonders hart treffen: Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen und prekären Arbeitsverhältnissen; Angestellte in essentiellen Berufen und in der Produktion, die kein Homeoffice machen können oder dürfen; Menschen mit gesundheitlichen Risikofaktoren. Der «freie Arbeitsmarkt» hat dafür offensichtlich keine Antworten parat. Er unterläuft die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung, er schafft existentielle Notlagen und er verschärft bestehende sozialen Ungleichheiten – auf Kosten der Allgemeinheit und der sozial Schwächeren.
Soziale Sicherheit und gesellschaftliche Solidarität stärken
Die Covid-19-Krise zeigt deutlich: Nur soziale Sicherheit macht uns stark, nur gesellschaftliche Solidarität bringt uns voran. Sie sind das Gebot der Stunde. Wir fordern:
- Arbeitsplätze und Kaufkraft erhalten: 60 Milliarden Franken Staatshilfe garantiert der Bund den Firmen, damit sie Arbeitsplätze erhalten und Löhne weiterzahlen. Aber während die Dividenden fliessen, steigen die Arbeitslosenzahlen und über eine Million Arbeitnehmende leiden unter Einkommenseinbussen. Das darf nicht sein. Keine Corona-Entlassungen und 100 % Lohnersatz in der Kurzarbeit bis zu einem Nettoeinkommen von 5000 Franken.
- Rechte der Arbeitnehmenden stärken: Es braucht überall allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsverträge, mit starken Mindestlöhnen und regelmässigen generellen Lohnerhöhungen – nicht zuletzt auch für die aktuell vielbeklatschten «Frontjobs» im Verkauf, in der Pflege und in der der Logistik. Eine Verschlechterung des Arbeitsgesetzes oder sonstige Deregulierungen kommen nicht in Frage, denn Lohnverzicht oder prekäre Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten schaden allen.
- Soziale Not verhindern: Zu viele Menschen fallen noch durch das Sicherheitsnetz. Für alle, welche weder die Leistungen der Arbeitslosenversicherung noch der Erwerbsersatz-Ordnung in Anspruch nehmen können, muss der Bundesrat sofort einen nationalen Covid-Überbrückungsfonds einrichten.
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz geht alle an
Die Covid-19-Krise zeigt: Gesundheitsschutz in der Arbeitswelt ist ein zentraler Aspekt der öffentlichen Gesundheit. Wenn die Umsetzung von Massnahmen dem Gutdünken der Arbeitgeber überlassen wird, fällt unsere Gesundheit dem betrieblichen Gewinnstreben zum Opfer. Wir fordern:
- Erarbeitung von Branchenschutzkonzepten unter Einbezug der Sozialpartner
- Flächendeckende Kontrollen der Pandemiemassnahmen am Arbeitsplatz unter Einbezug der Arbeitsmarktkontrollvereine und der paritätischen Kontrollinstanzen
- Systematischer Einbezug der Mitarbeitenden – und wo vorhanden, der Personalkommissionen und der betrieblichen Sicherheitsbeauftragten – in die Gesundheitskontrollen.
Krisengewinne abschöpfen und Steuerschlupflöcher stopfen
Die Schweiz kann die Coronakrise verkraften. Auf der Schweizerischen Nationalbank lagern 800 Milliarden Franken, die uns gehören. Der Bund erzielt regelmässig Rechnungsüberschüsse – er muss sie einschiessen und die Schuldenbremse aussetzen. Das Geld zurückholen kann er, indem er Steuerschlupflöcher für die Schwerreichen stopft, die Dividenden der Krisengewinnler abschöpft und die unnötigen Militärausgaben zurückfahrt. Das ist nur eine Frage des politischen Willens.