Für eine Strategie der Solidarität
Die Situation bezüglich der Pandemie ist jedoch weiterhin mit grossen Unsicherheiten behaftet und es droht eine dritte Welle: Die Impfkampagne dauert viel länger als erwartet, Coronavirus-Mutationen beunruhigen die Wissenschaft und das Gesundheitspersonal ist psychisch und physisch erschöpft wie nie zuvor. In dieser brenzligen Lage verschärfen Krankheiten und Kündigungen den strukturellen Pflegenotstand noch weiter.
Mit schlimmen Folgen, denn Arbeitgeber umgehen die Quarantäne ihrer Mitarbeitenden und lassen diese selbst bei positivem Corona-Test weiterarbeiten. Patient:innen wurden in Spitälern und vulnerable Bewohner:innen in Pflegeheimen angesteckt. Es kam zu unnötigen Todesfällen – ein Teufelskreis für ein Gesundheitssystem, das bereits von wiederholten Sparprogrammen geschwächt ist.
Der Angriff der Arbeitgeber auf die geltenden Schutzmassnahmen birgt das Risiko einer verheerenden dritten Welle, die nicht nur das Gesundheitssystem, sondern auch ihre eigenen Unternehmen und Mitarbeitenden hart treffen könnte. Kaum vorstellbar, welche Auswirkungen ein solches Szenario auf die Stimmung der Bevölkerung, auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden, auf die Sicherheit von Patient:innen und Bewohner:innen von Pflegeheimen und letztlich auf die gesamte Wirtschaft hätte!
Es ist allgemein bekannt, dass die Pandemie soziale Ungleichheiten verschärft, vor allem zulasten jener Menschen und Familien, die bereits in sehr prekären Bedingungen leben. Einerseits erleiden sie wirtschaftliche Nachteile in Form von Lohneinbussen bei Kurzarbeit, anderseits sind sie auch gesundheitlich benachteiligt, weil an der Pflege gespart wird.
Wir fordern vom Bundesrat eine Strategie der Solidarität, die Arbeitnehmende schützt und unterstützt. Die Gesundheit der Bevölkerung darf nicht gefährdet werden. Konkret fordern wir, dass die Regierung folgende gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Massnahmen trifft:
Gesundheitliche Massnahmen
- Entscheidungen über Lockerungen dürfen nicht von Arbeitgeberlobbys diktiert werden. Sie sollen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen werden und darauf abzielen, die menschlichen Kosten der Pandemie zu minimieren.
- Wir verlangen in allen Kantonen Schutzkonzepte an sämtlichen Arbeitsstätten sowie strenge Kontrollen der Massnahmen. Mitarbeitende müssen bei der Festlegung und Kontrolle der Schutzmassnahmen zwingend einbezogen werden.
- Es braucht eine Defizitgarantie der Kantone und des Bundes gegenüber öffentlichen und als gemeinnützig anerkannten Spitälern für die Jahre 2020 und 2021. Spitäler müssen in erster Linie auf die Patientenversorgung statt auf ihren Finanzertrag fokussieren.
- Die öffentliche Hand muss Investitionspläne für diese Spitäler, sowie für Pflegeheime und Spitexdienste vorlegen, damit der Personalbestand aufgestockt werden kann.
Soziale und wirtschaftliche Massnahmen
- 100% Kurzarbeitsentschädigung für Löhne bis 5000 Franken netto für alle, sowie Verlängerung der KAE auf 24 Monate.
- Verlängerter Anspruch auf Arbeitslosengelder, damit die Pandemie nicht zu einer Zunahme der ausgesteuerten Personen führt.
- Keine Sanktionen für Menschen, die Sozialhilfe in Anspruch nehmen, unabhängig vom Aufenthaltsstatus.
- Obergrenze für A-fonds-perdu-Beiträge je Betrieb (statt je Unternehmen), um Stellenstreichungen zu verhindern.
- Verbot von Entlassungen in Unternehmen, die staatliche Hilfen erhalten haben.
- Kostenübernahme durch die Unfallversicherung bei Corona-Erkrankungen von Mitarbeitenden im Gesundheitswesen.