Massenentlassung: Stahl Gerlafingen verweigert seriöse Problemlösung
Das Konsultationsverfahren war von Beginn von mangelnder Kooperation und fehlender Information geprägt. Die Ankündigung der Massenentlassung kurz vor Ostern erschwerte die Aufnahme der Arbeit. Die Firma lieferte wichtige Informationen nur zögerlich oder gar nicht. So erhielten die Vertreter:innen des Personals keinen Einblick in entscheidende Zahlen oder in den strategisch wichtigen Briefwechsel des Unternehmens mit Bundesrat Rösti.
Viel Intransparenz und lückenhafte Informationen
Die Belegschaft wird bis heute über zentrale Fragen im Unklaren gelassen. So kommunizierte die Firma die Schliessung des Betriebsteils Profilstrasse. Gleichzeitig umfasst die ursprünglich angekündigte Anzahl von 95 Entlassungen deutlich mehr Personen, als in diesem Bereich arbeiten. Ebenso bleibt bis heute im Dunkeln, wie es um die finanzielle Lage der übrigen Produktionseinheiten steht.
Anstatt mit den Vertragspartnern des Gesamtarbeitsvertrags der MEM-Industrie Lösungen zu suchen, ignoriert die Firma ihre sozialpartnerschaftlichen Verpflichtungen und will ihre Arbeiter:innen offenbar schnellstmöglich rausschmeissen. Darüber hinaus will Stahl Gerlafingen den bestehenden Sozialplan nicht anwenden, der etwa weitreichende Möglichkeiten für Frühpensionierungen vorsieht.
Entlassungen sind nicht notwendig
Die Konsultation hat gezeigt, dass es echte und konkrete Alternativen zu den Entlassungen der Mitarbeitenden gibt. In Anbetracht der derzeitigen Personalfluktuation von rund 10 Prozent im Betrieb und der Zahl der Mitarbeitenden im Vorruhestandsalter, ist eine Umstrukturierung ohne Entlassungen möglich: So wären gemäss Sozialplan Vorruhestandsregelungen für 43 Arbeitnehmende im Alter von 60 Jahren oder mehr möglich und 56 Stellen könnten im Rahmen der normalen Personalfluktuation aufgefangen werden.
Vorschläge für nachhaltige Stahlprodukte prüfen
Stahlprodukte haben Zukunft, sie müssen aber klimaverträglich produziert werden. Dabei sind die Recyclingstahlprodukte aus Gerlafingen gegenüber anderen Produkten bereits im Vorteil, die Prozesse müssen aber weiter dekarbonisiert werden. Anstrengungen in diese Richtung würden von der Unia bei gleichzeitiger Sicherung von Arbeitsplätzen und guten Arbeitsbedingungen unterstützt, ebenso die Förderung des Absatzes auf dem inländischen Markt.
Billige PR-Aktionen statt ernsthafte Lösungssuche
Die destruktive Haltung der Geschäftsleitung von Stahl Gerlafingen ist für die Unia nicht hinnehmbar. Auch das grosse Geschrei in den Medien und das Einspannen von Politiker:innen im März entpuppt sich vor diesem Hintergrund als billige PR-Aktion. Ab 2025 kann Stahl Gerlafingen aufgrund der neuen Klimagesetze mit öffentlichen Förderbeiträgen in Millionenhöhe rechnen. Die Unterstützung des Betriebes durch öffentliche Gelder im Rahmen einer klimafreundlichen Transition bedingt aber die Kooperation mit den Gewerkschaften. Wer in einer Krisensituation die Arbeit mit den Vertragspartnern verweigert und nicht seriös an Lösungen arbeiten will, sollte nicht millionenschwere finanzielle Unterstützung ohne Bedingungen erhalten.