Ein Jahr verfehlte Politik ist genug: Unia fordert Rücktritt des Nationalbank-Direktoriums
Am Freitag ist es ein Jahr her, seit das Direktorium der Nationalbank den Franken-Mindestkurs gegenüber dem Euro aufhob, und noch immer zeigt sich Nationalbank-Präsident Thomas Jordan uneinsichtig. Dabei ist der Schaden für die Realwirtschaft offensichtlich:
- Der überbewertete Franken verteuert nach wie vor die Schweizer Produkte und Dienstleistungen. Statt einem kurzen Überschiessen des Euro-Franken-Kurses, wie vom Nationalbank-Präsident erhofft, und einem Einpendeln bei 1.10 hat sich der Franken-Euro-Kurs im Durchschnitt des letzten Jahres weit unter diesem Wert, nämlich bei 1.06 bewegt. Dabei wäre auch ein Wechselkurs von 1.10 noch viel zu tief.
- Statt wie prognostiziert um 1,9 % (KOF) wuchs die Schweizer Wirtschaft 2015 bloss um die Hälfte (0,7%, KOF). Die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie erlitt bis November einen Einbruch ihrer Exporte um happige 6,4%. Der Tourismus zählte 13 Prozent weniger Gäste aus der EU.
- Während in den meisten EU-Ländern die Arbeitslosigkeit abnimmt, nimmt sie in der Schweiz zu. Ende Dezember zählten die Arbeitsämter 11‘000 Arbeitslose mehr als im Jahr zuvor (+7,6%). Betroffen sind vor allem die klassischen Industriebranchen, die Uhrenindustrie mit einer Arbeitslosenquote von 9,2% und die Nahrungs- und Lebensmittelbranche mit 6,4%. Aber auch in der Hotellerie – in welcher vielen Angestellten die Saisonverträge verkürzt wurden – und im Detailhandel ist es zu Stellenabbau gekommen.
- In jenen Branchen, in denen die Unia GAV abschliesst, sind wegen der Frankenstärke gegen 7000 Stellen abgebaut worden (die für den Kanton Aargau und den Werkplatz Schweiz verheerende Massenentlassung bei Alstom/GE nicht mitgerechnet!). Laut Arbeitgeberverband droht in der Exportindustrie gar ein Verlust von insgesamt 20‘000 Arbeitsstellen. Nebst dem Stellenabbau in einigen grösseren Betrieben findet vor allem bei Zulieferern und KMU ein schleichender Stellenabbau statt. Hier einfach von notwendigem „Strukturwandel“ zu reden, wie Jordan dies gegenüber den Medien tut , ist zynisch.
- Wegen den stark gesunkenen Margen müssen viele Industriebetriebe dringend notwendige Investitionen zurückstellen und immer grössere Teile der Produktion ins Ausland verlagern. Dies führt zu einem Deindustrialisierungsprozess mit verheerenden Folgen für den Werkplatz Schweiz.
Arbeitnehmende bezahlen die Zeche
Die Folgen der Währungskrise tragen zu einem grossen Teil die Arbeitnehmenden. Den Gewerkschaften ist es zwar gelungen, einen Lohnabbau unter dem Vorwand der Frankenstärke zu verhindern. Zehntausende von Angestellten wurden aber zu Gratisarbeit gezwungen. Die Negativzinsen der SNB schaden den Pensionskassen und setzen deren Leistungen unter Druck. Am Härtesten betroffen sind jene, die ihre Stellen verlieren. In der Bevölkerung wächst die Angst vor Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg. Dies gefährdet die politische Akzeptanz der bilateralen Verträge mit der EU immer mehr.
SNB-Direktorium hat Vertrauen verspielt
Die Schweiz braucht eine Währungspolitik, die der Wirtschaft nützt – so, wie das praktisch alle Zentralbanken machen und wie es auch der Auftrag der Nationalbank ist. Sie muss endlich ein neues Währungsziel festlegen und den Franken beispielsweise an einen Währungskorb anbinden. Die Unia hat kein Vertrauen mehr, dass das jetzige SNB-Direktorium dies leisten kann und will. Sie fordert darum Thomas Jordan und das SNB-Direktorium auf, den Weg freizumachen für eine Währungspolitik, die wieder im Gesamtinteresse des Landes steht.